29.09.2011

Aldi - Tempranillo nachverkostet

Mal wieder ein Discounter-Post und nicht nur, weil sowas gut für die Zugriffszahlen ist. Ein beinahe dringender Anlaß für einen Zwischenruf ist der aktuell angebotene Tempranillo bei Aldi Nord. Den hatte ich vor 2 Jahren schon mal hier, es ist nach wie vor der gleiche Wein, gleicher Jahrgang (alter post hier, klick). Darauf machte mich ein Leserkommentar aufmerksam :

"Silveroak hat gesagt: Als ich den Wein heute bei Aldi gekauft habe war mir klar, dass es ein Betrug am Kunden sein wird.Ich hab ihn gerade aufgemacht und finde ihn selbst im Vergleich zu Aldi Weinen < 5€ überteuert--> keine Nase, bitter im Abgang!Er passt ins Sortiment der Belin Throphy Gold Lables Weine.Ich frage mich, ob Aldi ungestraft mit falschen Parkerpunkten werben darf. Donnerstag, 22 September, 2011."

"Tempranillo 2007" Vino de la Tierra de Castillo Leon, als Abfüller firmiert die FirmaValsanzo S.L., ein überregional tätiger spanischer Weinerzeuger. Wie schon vor 2 Jahren ein Nullwein mit wenig Duft und bitterem Mundgefühl. Der war schon 2009 ein dünnes Wässerchen und hat sich seitdem keineswegs verbessert. Nicht aus jedem häßlichen Entlein wird ein schöner Schwan. Wie kommen die Aldi - Weinleute dazu, sowas nochmal als besonderen Aktionswein anzubieten ? Ich hab gar nix gegen Discountwein von Aldi, im Basissegment gibt es gefahrlos zu trinkende Sachen, besondere Aktionsweine sind manchmal gut, da aber eher bei Aldi Süd. Für zwei Euro als Wirkungstrunk o.k., der Spanier ist aber z.Zt. der teuerste Wein bei Aldi-Nord, mit dem Etikettenversprechen auf einen "gereiften Tempranillo mit köstlichem Bouquet". Und schließlich einem Parkerfähnchen: 90 PP.: "It is a terrific value". Ich schließe mich dem Kommentar oben insofern vollkommen an.
Klar liegt der Ratschlag nahe, sowas eben nicht bei Aldi zu kaufen. Der Konsument greift aber nun mal zum Discounter, Aldi ist der größte Weinhändler Deutschlands. Käufer, die denken, sie kriegen bei Aldi für den Preis was Besonderes und meinen, so muß ein "guter" Spanier eben schmecken und ihn nicht mögen, werden sich bestätigt fühlen und doch wieder die 2€ -Klasse aus dem Regal köpfen.

28.09.2011

Super-Schoppen-Shopper Weine: Dirk Würtz goes Lidl

Ab Donnerstag, 6.10., bei Lidl: Das Super - Schoppen - Shopper Weinpaket für 9,99 €. Drin sind zwei unterschiedliche Flaschen Pfälzer Rotwein von Dirk Würtz und das Buch von Cordula Eich, in dem sie 1300 Supermarktweine testet. Das kostet solo allein schon 11,95€. Wer also nicht unüberwindbare Hemmungen gegen Discount im Allgemeinen und Lidl im Besonderen verspürt, macht ein Schnäppchen.
Für den Würtz ist das Lidl - Dings natürlich ein Spagat, angesichts seiner sehr guten Verankerung in der Weingenießerszene. Da wird auch Gegenwind kommen, der hält das aber aus. Im Video unten turteln und trinken beide vor Rheingaukulisse.



Super Schoppen Shopper from Denny Ramone on Vimeo.



27.09.2011

Bukowski: Ein Lob dem Müller - Thurgau

Hamburg 1978: Charles Bukowski  mit Müller - Thurgau

Schöner Artikel auf Merian online: Charles Bukowski war 1978 auf Lesereise durch die BRD, daraus entstand sein Buch Die Ochsentour. "Ich setzte mich hin, griff in den Sektkühler und machte eine Flasche von diesem guten deutschen Weißwein auf." Es war u.a. eine Flasche Müller - Thurgau. Welch gute Weine die geschmähte Rebsorte ("Gezüchtet, um verachtet zu werden, so würde wohl Bukowski den Weg der Rebe beschreiben") wird dann mit einigen Beispielen untermauert (klick).
Das Fazit: "Charles Bukowski und Müller-Thurgau, sie passten zusammen, beide unterschätzte Außenseiter mit Qualitäten, direkt und sicher in der Wirkung. Bukowski, der Vieltrinker, zeigte Geschmack, er erkannte den Wert des Müller-Thurgaus, als der noch geschmäht wurde, als beide auf der Ochsentour unterwegs waren."
Bukowski Einsatz für den deutschen Wein ist somit verbürgt. Er ist ja immerhin im schönen Andernach am Rhein geboren worden. Bekannt auch sein Statement:

„Verleg dich auf Wein, Al. Bier macht dick, und scharfe Sachen zerfressen den Magen und die Leber, und es ist schwer, dabei zu schreiben. Guter deutscher Weißwein ist schon für 3,50 zu haben. Zwei Flaschen, und du erlebst einen netten Abend und wachst am nächsten Morgen nicht mit einem Gefühl auf, als hättest du die ganze Nacht nasse Katzenscheiße geschluckt.“ (Charles Bukowski  „Schreie vom Balkon – Briefe“)

26.09.2011

D 66: Ami - Franzose


Kleiner Nachtrag zum Weinmenü bei Peter Nicolay (klick hier). Auch der Weindeuter hatte da natürlich eine mitgebrachte Flasche in die späte Runde geworfen. Ein neuer Wein aus dem Roussillon, Typ "konzentrierte Wuchtbrumme".

"D 66" Orin Swift Cellars - Dave Phinney / Vins de Pay des Cotes Catalanes / Maury (15,2% / 36€ / 80% Grenache, 12% Syrah, 8% Carignan) Dave Phinney erzeugt in Kalifornien aus zugekauften Trauben seit einigen Jahren Weine, die in ihrer Aromatik nicht gerade durch Schüchternheit auffallen. The Prisoner, Saldo, Papillon sind hochkonzentrierte reifesüße Alkoholbomben (klick hier + hier).
Jetzt gibt es Dave Phinney auch aus Frankreich. Bei Maury wurden offenbar größere Rebflächen mit zum Teil über 60-jährigen Grenachestöcken erworben. Hört sich nach einem sehr aufwendigen und teuren Engagement an. Der D 66 (Departement soixante -six) ist der erste Jahrgang. Enorme Flasche, sehr viel Glas, schwer, extrem tiefer Boden. Über die Farbe braucht nicht geredet zu werden, undurchdringliches schwarzrot. Über Nase und Mundgefühl eigentlich auch nicht, man ahnt worauf es hinaus läuft, ich machs kurz: Opulent in jeder Hinsicht, reife satte Fruchtnase, eine dunkle prallgefüllte Praline, am Gaumen platzt die dann auf und verteilt sich mit viel Schmelz mundfüllend.
Man kann natürlich jetzt abwinken, für Puristen ist das vielleicht auch gar nix. Trotzdem lohnt ein zweiter Blick, ein genaueres Hinschmecken, eine reine Trinkmarmelade ist das nämlich hier nicht. Die fette Frucht und der hohe Alkohol werden durch Schiefermineralität und durch die mürben Tannine der alten Reben konterkariert, da schlägt nicht Napa-Winemaking durch, sondern die Herkunft von den kargen Hängen des Roussillon. Der Wein braucht Luft, am besten 24 Stunden vorher öffnen + teildekantieren...




24.09.2011

Sud de France 3: Menü von Peter Nicolay


Menü "Illusions de Sud de France"

Amuse Gueule Maison (1)
-Gemüseterrine, Gänseleber, Blutwurst-
*
Warmer Salat von Bouchon Muscheln und Austern
mit Tabouleh und geschäumter Vinaigrette vom Lavendel (2)
*
Melange von Dorade und Rascasse in Bouillabaissesud (3)
*
Sorbet von Reineclauden
*
Coque au Vin vom Perlhuhn mit  Ratatouille und Langustinen (4)
*
Confit von Mirabellen und Pflaumen mit Gateau au Chocolat (5)

Peter Nikolay, seit Jahrzehnten mit Leidenschaft
 
im kulinarischen Einsatz 
Sud de France, eine Marketingmaßnahme, um die Weine der Region Languedoc-Roussillon nach vorne zu bringen - damit kann ich mich durchaus indentifizieren. Man leidet dort nach wie vor unter Überproduktion in der breiten Masse. Aber es gibt dort auch jede Menge Klasse, Winzer, die mit viel handwerklicher Leidenschaft aromatisch dichte Gewächse erzeugen. Ideal ist es natürlich so etwas zu einem Menü zu genießen, welches die Aromen des Südens aufnimmt. Vor Ort, irgendwo zwischen Montpellier und Banuyls - sur - Mer.
Doch warum in die Ferne schweifen, wenn das Gute so naheliegend ist, in diesem Fall im ländlichen Schermbeck-Besten zwischen Dorsten und Hünxe. Dort steht das Refugium von Peter Nicolay. Nach einigen gastronomischen Stationen ist er dort in einer ländlichen Idylle angekommen, mit viel Luft und Land für Ackerbau und Tierzucht. Getreu seinem Motto "Der Star ist das Produkt" betreibt er im Landhaus Nicolay eine französisch inspirierte Frischeküche.


Zum Weinmenü (Fotos und Menüliste oben) gab es, neben dem immer delikat-frischen Picpoul de Pinet und einem fruchtigen Rosé - Syrah (beide Vigneron de Pomerols am Étang de Thau bei Sete), einen gereiften Roten: Mas Cal Demoura "L ´Infidele" 2002 Jonquieres / Coteaux du Languedoc (13%). Ein kleines familiengeführtes Weingut, nordöstlich von Montpellier. Früher gehörte das Jean-Pierre Jullien, dessen Sohn, Olivier Jullien, mit seinem Mas Jullien einer der Qualitätspioniere des Languedoc war und immer noch zur Spitzengruppe der Winzer im Midi gehört. Aber auch Cal Demoura muß sich mit seinen Weinen überhaupt nicht verstecken, im Gegenteil. Seit 2003 haben Isabelle und Vincent Goumard den Betrieb übernommen. Er kommt aus der Elektronikindustrie, benutzt sein Geld, um sich seitdem hauptberuflich seiner Leidenschaft zu widmen. Der "Les Combariolles" wurde schon vor einer Woche bei einer Probe mit Markus del Monego in Düsseldorf verkostet (klick hier) Nun auf dem Tisch der "L `Infidele" aus 2002, also noch vinifiziert von Jean-Pierre Jullien, eingeschenkt aus der Magnum. Herrliches kardinalsrot, leicht aufgehellt. Mürbe Noten von Trockenfrüchten, rauchig. Im Mund äußerst angenehm, abgeschmolzenes Tannin, weiche volle Würze. Zeigt, wie gut diese Midi-Weine altern können.
Landhaus Nikolay, vorne wird gespeist,
hinten läuft das Essen herum...  

Peter Nicolay, flankiert von Jens Funke (re.),
zuständig für den Weinnachschub  und
vom Weindeuter, zuständig fürs  Austrinken





Sud de France 1: Qualität contra Weinsee (klick)
Sud de France 2: Genuß - Weine (klick)

21.09.2011

Was trinkt der Papst ?

Der Papst kommt, welche Weine passen ? Eigentlich ein edler Italiener. Ein nobler Barolo zum Beispiel, die Weinkeller des Vatikan sind voll davon. Naheliegend wäre natürlich auch ein Chateuneuf du Pape. Zum dreitägigen Besuch in Deutschland, der morgen beginnt, haben sich natürlich auch deutsche Winzer und Marketingstrategen gemeldet und propagieren "Papstweine":

Für den Papst nur vom Feinsten:
"Bullenheimer Paradies" und "Randersacker Ewig Leben"


Aus dem Weinparadies Franken kommt der Benediktwein, natürlich im Bocksbeutel, da ist auch mehr Platz drauf für das Papstfoto. Den "Vino di Benedetto XVI" gibt es als 2010er "Bullenheimer Paradies" Bacchus halbtrocken, als 2010er Rotling Franken halbtrocken und als 2009er Randersacker "Ewig Leben" Portugieser trocken.
Dafür rührt die Caritas (klick) die Werbetrommel, Zitat: "Mit einer eigenen Weinserie ist die Caritas seit neuestem auf dem unterfränkischen Getränkemarkt vertreten. Die Bocksbeutel des Papstweines "Vino di Benedetto XVI" ziert ein Etikett mit Papst Benedikt XVI. und das Caritaslogo. Dass der Papst sein Konterfei für den Wein hergab, ist den guten Vatikanbeziehungen des Franziskanerminoriten P. Leo Beck aus dem Scheinfelder Kloster Schwarzenberg zu verdanken. Abgefüllt sind Kabinettweine bester Qualität: ein Dettelbacher Honigberg Bacchus, ein Dettelbacher Rotling und ein Randersackerer Ewig Leben Portugieser. Für jede verkaufte Flasche erhält die Caritas 50 Cent. Bei einer Weinverkostung im Caritashaus konnten sich Mitarbeiter der Caritas und Vertreter der Medien von der Qualität des Tropfen überzeugen."



Das Merdinger Weinhaus stellt eine Sonderfüllung "Papstbesuch" vor. Zitat: "Wein und Kirche stehen in historisch-religiöser Verbindung, weshalb ein Beitrag der Tuniberger Winzer selbstverständlich war. Die WG Opfingen hat in Zusammenarbeit mit der Stadt Freiburg zu Ehren von Papst Benedikt XVI. zwei Weine kreiert: Ein Freiburger Sonnenberg Chardonnay und ein Spätburgunder Rotwein, beides Qualitätsweine, trocken ausgebaut. Die Etikette der Papst-Weine zieren Weintrauben, Rebblatt und die Spitze des Freiburger Münsterturmes."
Freiburger Sonnenberg - Chardonnay Qba trocken zu 7,- €
Freiburger Sonnenberg - Spätburgunder Qba trocken zu 9,- €




Ein Wein, der wirklich dem Papst serviert wird, kommt von der badischen Winzergenossenschaft Oberkirch. Ein Riesling Kabinett trocken 2010 soll dort im Priesterseminar der Erzdiözese, dem von hohen Mauern umgebenen Collegium Borromaeum in Freiburg, an Papst Benedikt und rund 130 Gäste ausgeschenkt werden. Näheres hier (klick).


20.09.2011

Sud de France 2: Genuß - Weine



Im Languedoc-Roussillon, der größten zusammenhängenden Weinbauregion der Welt (mehr Ausstoß als Bordeaux, Australien, Südafrika und Chile zusammengenommen) herrscht noch immer Überproduktion. Ein Weinsee, den niemand wird je leertrinken können. Sud de France, unter dieser Dachmarke wird versucht, genußfreudigen Menschen Weine aus dem Languedoc / Roussillon schmackhaft zu machen, auch flankiert durch lokale Kulinarikprodukte (Teil 1 klick hier).


Eine Probe in Düsseldorf zeigte (wieder mal), auf welchem Niveau die Qualitätsspitzen aus dem Midi sind und wie zuverlässig da unten originelle und in der Aromatik eigenständige Genußweine produziert werden. Markus del Monego (Foto links) pickte aus einem größeren Angebot einige Flaschen heraus und kommentierte. Schon der erste Wein war eine Wiederbegegnung, der war mir nämlich schon vor sechs Jahren bei einem Aufenthalt im Minervois positiv aufgefallen.


Chateau Sainte - Eulalie "La Cantilene 2008" Minervois (14% / ca. 12€ / 55% Syrah, 30% Grenache, 15% Carignan) Sehr duftig im Glas, intensiver, aber auch feiner Auftritt, poltert nicht mit fetter Frucht, seidig. Auch im Mund voll, jedoch ohne Übertreibung, hat was "feminines". Sehr ausgewogen.

Mas Cal Demoura "Les Combariolles" 2009 Terrasses du Larzac (14% / 22€ / Syrah-Grenache-Mourvèdre) Wie Sainte-Eulalie auch ein kleines familiengeführtes Weingut, weiter westlich in Jonquieres in der Nähe des Herault gelegen mit interessantem Hintergrund. Es gehörte Jean-Pierre Jullien, sein Sohn, Olivier Jullien, war mit seinem Mas Jullien einer der Qualitätspioniere des Languedoc und ist immer noch Spitze. Aber auch Cal Demoura muß sich mit seinen aktuellen Weinen überhaupt nicht verstecken, im Gegenteil. Seit 2003 haben Isabelle und Vincent Goumard den Betrieb übernommen. Er kommt aus der Elektronikindustrie, benutzt sein Geld, um sich seitdem hauptberuflich seiner Leidenschaft zu widmen. "Les Combariolles" ist ein dichtes Vollschmeckerkonzentrat aus alten Reben, gewachsen auf kargem Kalkfels, 18 Monate Holzausbau. Tiefe dunkle, schwarzkirschige Süße trifft auf würzig-pfeffrige Hitze, ein Muster für einen komplexen Südfranzosen und eine Empfehlung, wenn es mal etwas kräftiger sein soll. Absolut top !

Gérard Bertrand "La Forge" 2009 Corbières Boutenac (14,5% / ca. 55€) Gérard Bertrand, ein ehemaliger Rugbyspieler, hat sich über das ganze Midi verteilt ein Weinimperium aufgebaut. Auf mehreren Gütern werden zig Weine produziert, der La Forge markiert (preislich) die Spitze. Ein Wein, der beeindrucken will und das (bei mir) auch schafft. Ein Dickschiff, ein Brummer aus 50% alten Carignanreben (bis 100 J.) und 50% Syrah. Tiefe Konzentration, wie eine Melange aus vollreifen Brombeeren und Oliventapenade. Der irgendwie schon wieder alte Blockbuster - Südstil, aber warum denn auch nicht. Aufgrund des Preises wird man sowas ja auch nicht allzu oft im Glas haben.


Le Conte des Floris "Homo Habilis" 2005 Pezenas 2005 (14% / ca. 25€ / 80% Syrah-20% Mourvedre und Grenache) Ein relativ neuer Name, das Weinprojekt eines Quereinsteigers, Daniel le Conte de Floris, ursprünglich Informatiker, dann Weinautor, jetzt Winzer. Die Domaine wurde erst im Jahr 2000 gegründet. Bewirtschaftet werden 7 Hektar (insges. nur 20.000 Fl.), mittlerweile Spitzenbewertungen in Guide Hachette und La Revue des Vins de France. Also Weine, die hoch hinaus wollen im großen Bogen des Midi. Der ´05er Homo Habilis überzeugt, schöne erste Reife, dichtgewebte Trinkseide, nach dem Dickschiff oben ein fast burgundischer Genuß.  

Ollieux Romanis "Cuvée Or" 2008 Corbières Boutenac(14,5% / 20€ 44% Carignan, 23% Grenache, 23% Mourvèdre,10% Syrah) Nach den ganzen "Neuwinzern" hier ein Traditionsbetrieb: Château Ollieux Romanis ist seit Mitte des 19. Jahrhunderts im Besitz der Familie Bories. Ein relativ großer Betrieb (70 ha), die "Cuvée Or" ist die Spitzenabfüllung, handselektioniert von alten Reben. Auch hier im Gesamtprofil eher balancierte Feinheit. Cremige Fülle, etwas Süßlakritz, schmelziges Tannin, kein Überwältiger, herrlicher Wein.


La Liviniere im Minervois
Unter dem Label Festival Sud de France finden Verkostungen und Veranstaltungen rund um Wein und Kulinarik statt. Nicht nur bei den Großen wie Karstadt (Perfetto), Edeka und Jacques´ Weindepot, sondern auch bei kleineren Weinhandlungen (Liste klick hier). Auch Weinmenüs zum Thema werden angeboten. So kochte Peter Nikolay in Schermbeck zu Weinen der Region ein Menü mit dem schönen Titel "Illusions de "Sud de France", ich durfte mitessen - und  trinken, dazu später mehr...


15.09.2011

Sud de France 1: Qualität contra Weinsee


Das Languedoc - unendliche Weinweiten. Wer auf der A9, der Languedocienne, von Avignon nach Südwesten in Richtung spanische Grenze unterwegs ist, fährt durch die größte zusammenhängende Weinbauregion der Welt. Ihre Produktion ist größer als die von Bordeaux, Australien, Südafrika und Chile zusammengenommen: 15 Millionen Hektoliter Wein ! Ein beträchtlicher Teil der europäischen Weinüberschußproduktion wird hier Jahr für Jahr eingefahren und gekeltert. Die Masse stammt von Rebstöcken in den Ebenen, die in den sonnensatten Sommern kräftig tragen, verarbeitet von Genossenschaften und großen Weinkonzernen. Ein Weinsee, den in dieser Menge niemand braucht, den keiner leertrinken kann.
Seit Jahren wird deshalb großflächiger Rückbau betrieben, die Bestockungsrechte werden reduziert. Nicht einfach, weil der Rebbau nach wie vor ein wichtiger Beschäftigungssektor im Süden ist. Die Weinbauern sind eine einflußreiche soziale Kraft, die auch auf eine lange Reihe militanter Proteste zurückblicken können. Da werden auch schon mal in Supermärkten die Regale mit Überseewein geplündert.
Neben Reduzierung gibt es natürlich hier seit Anfang der achtziger Jahre auch eine Qualitätsoffensive. Die Trendsetzer waren Um- und Einsteiger, Tüftler, Individualisten, vielfach Leute, die vorher ganz was anderes gemacht hatten. Im "Kalifornien Europas" war Platz. Rebflächen, vor allem an den schwer zu bearbeitenden Hängen mit kargen flachgründigen Oberböden, konnten günstig übernommen werden. Namen aus dieser Zeit sind z.Bsp. Daumas Gassac, Mas Jullien, Saint-Jean de Bébian. Die Umbaudynamik hält bis heute an, immer wieder tauchen neue Etiketten auf. Bordeauxwinzer engagieren sich, Engländer und Deutsche mit überschüssigem Geld investieren, Aussteiger träumen ihren Weintraum in abgelegenen Bereichen und produzieren ausgereizte und teure Spitzenqualitäten. Beispiele aus letzter Zeit sind Domaine Virgile JolyChateau Moyau und die Domaine des Enfants (Besprechung klick hier).
Auch in der Masse gab es durch Ertragsbegrenzung und moderne Kellertechnik Fortschritte, vor allem in Richtung Vin de Pays und Rebsortenweine. Viele Genossenschaften produzieren mittlerweile absolut trinkbare Einstiegsqualitäten für kleines Geld.

Mitten im Midi: Weindeuter - Minervois Probe 2005
Weinbau im Midi heute also eine Erfolggeschichte, nach Jahren des Niedergangs nun konsolidiert ? Keineswegs, die Topwinzer leiden unter der Wirtschaftskrise, die Großbetriebe werden durch Billigimporte und geänderte Trinkgewohnheiten in die Zange genommen.  
Ein Ausweg ist Marketing. Seit 2006 wird unter dem Label Sud de France versucht, eine für den Konsumenten griffige Dachmarke für Wein aus dem Midi zu schaffen, flankiert durch lokale Kulinarikprodukte. Nicht nur Großproduzenten und Genossenschaften machen da mit, sondern auch namhafte Privatwinzer wie etwa Pierre Clavel. Intern wird  den Erzeugern geholfen auf "Marktbedürfnisse einzugehen und wettbewerbsfähiger zu werden". Außerdem wird weiterhin mit EU-Mitteln das "grubbing -up" Programm begleitet, d.h. Vernichtung von Rebflächen.
In der Außendarstellung in Richtung Konsumentenseite wuchert man mit mediterranem Lebensgefühl, betont Werte wie Lebensfreude, Authentizität, Tradition.
Zur Zeit läuft eine Marketingkampagne auch bei uns. Unter dem Label Festival Sud de France finden Verkostungen und Veranstaltungen rund um Wein und Kulinarik statt. Nicht nur bei den Großen wie Karstadt (Perfetto), Edeka und Jacques´ Weindepot, sondern auch bei kleineren Weinhandlungen (Liste klick hier). Auch Weinmenüs zum Thema werden angeboten. So kocht Peter Nikolay in Schermbeck zu Weinen der Region ein Menü mit dem schönen Titel "Illusions de "Sud de France" (klick hier).

Auf der Auftaktveranstaltung in Düsseldorf war die Dichte an geöffneten Flaschen aus dem Süden jedenfalls hoch, zum Teil waren es Wiederbegegnungen mit alten Bekannten, zum Teil Neuentdeckungen, dazu später mehr...

Verkostung unterm Katharerkreuz mit Markus del Monego






Jung, erfolgreich, sexy: Jungwinzerinnen


Dr. Ellen Ledermüller-Reiner hat wieder zugeschlagen. Unter ihrem Patronat erscheint in Österreich auch für 2012 der "Jungwinzerinnenkalender". Der weibliche Weinnachwuchs zeigt sich, wie schon in den vergangenen Jahren, mit Spitzendessous in Erotikpose vor Flaschenregalen, räckelt sich hochhackig zwischen Rebzeilen.
Zitat: „Der Kalender soll Winzerbetriebe einem breiten Publikum bekannt machen und möchte auf moderne, sympathische Weise das Vermarkten der gehaltvollen Weine unterstützen. Wer wäre da besser geeignet als der eigene Winzerinnen Nachwuchs. Weinwerbung und Tourismuswerbung sind das Ziel dieser Maßnahme.“
3500 Exemplare sind ab sofort erhältlich (Stückpreis 25 Euro) klick.

„Es soll Aufmerksamkeit schaffen und sexy, aber nicht billig oder frontalerotisch sein“ betont Ellen Ledermüller-Reiner

14.09.2011

Immer nie am Meer

Heute um 22.25 auf 3Sat: "Immer nie am Meer" mit Stermann / Grissemann und Heinz Strunk ("Fleisch ist mein Gemüse"). Leider ohne die Szene in einer Wiener Weinbar...


13.09.2011

Kreta - Wein 5: Toskana Blend


Mehr kann ich nicht machen, hintereinander 6 griechische Posts, Loblieder auf kretische Weine, Trinkhilfe für Hellas satt - und trotzdem geht vor Ort alles zunehmend "den Bach ab". Was hilft ? Exekutivmacht für deutsche Beamte in Athen, um das Spardiktat durchzusetzten, wie Oettinger es vorgeschlagen hat ? Und dazu noch griechische Fahnen auf Halbmast ?

Ich versuchs lieber nochmal mit einem Wein, ein Gewächs mit einer ungewöhnlichen Rebsortenzusammensetzung. Zwar wurde auf Kreta schon Wein gekeltert, als wir Germanen noch an der Baumrinde genagt haben, trotzdem sind die Winzer dort heute auf Identitätssuche und suchen Anschluß an die moderne Weinwelt. Mit den Syrahs (klick hier) ist das schon sehr gut gelungen. Hier jetzt aber mal ein Blend, wie man ihn eher in der Toskana vermuten würde.
Sangiovese / Cabernet - Sauvignon 2009 Douloufakis  Winery / Dafnes Protected Designation of origin / Kreta (13,5% / ca. 20€). Nikos Douloufakis studierte Önologie in Alba /Piemont und pflanzte darum zwar keinen Nebbiolo, jedoch etwas Sangiovese. Die Mischung ist hier zu 70 % Sangiovese 70%, der Rest Cabernet - Sauvignon, 12-16 monatiger Faßausbau. Kein weicher Schmeichler, schöne Kirschfrucht, forderndes Tannin, mittlerer Körper, ein Wein mit Frische und Biß, Lagerwein.

Bezugsquelle z.Bsp. hier (klick)









09.09.2011

Kreta - Wein 4: Mandilari

Ungewöhnlicher Wein, deshalb kriegt er
hier so ein schönes großes Foto...

Nach den Syrahs, bei denen Kretas Winzer auch auf internationale Stilistik orientieren (klick hier), gibt es natürlich auch Abfüllungen aus lokalen Sorten, echte Griechen sozusagen. Als Beispiel hier mal eine wirkliche Kreta - Granate:
Mandilari 2007 Plakoura Vineyard Lyrarakis (12,5% / 13€). Wer kennt das nicht - nach dem Aufziehen einer Flasche verbreitet sich gleich ein intensiver "Rotweinduft" im Raum. Das macht der hier, starke Nase nach Johannisbeere, auch Sauerkirsche. Nichts Süßes versprechend, keine Vanille, kein Tabak. Erinnert etwas an einen jungen Bandol. Auch im Mund Mourvèdre-Stilistik, herzhafter Säurebiß, wenig Süße, Gerbstoff packt zu. Intensiver Wein, ein Essensbegleiter. Am dritten Abend zugänglicher, etwas weicher, aber von Oxydation keine Spur. Sicher zu früh geöffnet, ein Langstreckenläufer, leider hatte ich nur die eine Testflasche.
Lyrarakis folgt bei den authochtonen Sorten wie dem Mandilari dem Einzellagenkonzept. Und da gibt es bei diesem für kretische Verhältnisse etablierten Traditionsbetrieb einiges zu entdecken. Weitere Weine werden aus den Sorten Plyto, Dafni, Assyrtiko, Thrapsathiri, Vidiano und Kostifali bereitet.

Bezugsquelle z.Bsp. hier (klick)

Gepflegte Anlagen bei Lyrarakis

Dickschalig, hart, dunkel:
Die charakterstarke Mandilari


07.09.2011

Kreta - Wein 3: Syrah


Kreta ist nun nicht gerade cool-climate, die Sommer sind heiß und trocken. Einige Winzer suchen deshalb Höhenlagen für ihre Reben. Und haben in letzter Zeit die Syrah für sich entdeckt, die kann Hitze ja gut ab. Vor Ort bot sich die Gelegenheit für eine kleine Syrahverkostung.


  • Methy Syrah-Liatiko 2009 Ein Einsteiger, aber schon verblüffend viel Schmackes in der Flasche. Vor allem in der Nase sehr viel Rauch und Speck. Rustikaler Genuß. 
  • "Prinos" Syrah 2009 Diamantakis Winery (14% / 9€) Ein Newcomer, das Weingut existiert erst  seit 2007. Hier steht ganz die Frucht im Vordergrund, sehr beerig, aber nicht überreif, viel Frische verströmend, modern. In Aufmachung, Aromatik und PLV absolut marktgängig für deutsche Fachhandelskunden.
  • Lyrarakis Syrah-Kotsifali 2008 (13% / 14€) Schon ein dickeres Kaliber, dunkle reife Frucht, Tabak, orientalische Spezereien. Warmer Kraftwein vom etablierten Top-Winzerbetrieb der Insel (seit 1966). 
  • Nostos Syrah 2007 MANOUSAKIS WINERY Chania (14,5% / 25€) Der Betrieb liegt nicht im Hauptanbaugebiet Kretas südlich von Heraklion, sondern weiter im Westen, bei Chania zu Füßen der Lefka Ori. Hier hat man Ambitionen, konzentriert sich ganz auf Rhonesorten (Der Rousanne wird hier besprochen). Laurence Feraud von der Domaine Pegau ist aktiv als Consultant für Manousakis tätig, die Weine gibts auch im Barreis in Baiersbronn
    Nostos ist der rote Topwein des Gutes, nur 3500 Flaschen in 2007. Der Wein wirkt vertraut, die Gesamtaromatik ist reichhaltig und warm wie ein hochwertiger Südfranzose. Vollreife Früchte, röstig, samtiges Schoko - also der "Schmelzstil", der ja angeblich schon wieder "out" sein soll. Ich bin trotzdem ein Anhänger...    

    Bezugsquelle hier

Da wächst er, der Syrah...

05.09.2011

Kreta - Wein 2


Griechenland - unerträglich ist die Arroganz, mit der Hellas in der Finanzfrage von deutscher Seite tituliert wurde und wird. Primitivster Populismus, niedere Instinkte weckend. Während wir hier noch in dicken Fellkostümen an Baumrinde genagt haben, gab es auf Kreta schon eine Hochkultur mit in jeder Hinsicht ausgefeilten Kulturtechniken. Auf der haben dann die klassischen Griechen und danach die Römer aufgebaut, Grundlegendes wurde durchs Mittelalter geschleppt, in der Renaissance schließlich wiedererweckt und für die europäische Neuzeit aufbereitet.
Insofern sind wir alle Kreter. Auch beim Wein. Die Minoischen Paläste waren von Weinbergen umgeben, eine der ältesten bekannten Weinpressen der Welt ist in Vathypetro auf Kreta gefunden worden, über 3.500 Jahre alt.
Ohne die Minoer kein Bordeaux, kein Moselriesling, kein Supertoskaner, kein Napa-Cab ...

Lächerlich also, beim Thema Wein und Kreta zu lächeln. Es werden dort herrliche Weine produziert. Vom einfachen Tischwein bis zum elaborierten Tropfen. Da bedient man sich (natürlich) zeitgemäßer Vinifikation, es gibt State of the Art - Weingüter. Bei den Roten werden die lokalen Rebsorten gern mit der hitzeresistenten Syrah angereichert.

Während ich dies schreibe, ist ein Roter der 8€ Klasse im Glas, also für Weinfreunde eher Einstiegsklasse, bereitet aus Liatico, Kotsifali und Syrah: Enotria 2008 Douloufakis (13,5% / 8€). Der steht schon mit wild-würziger Geschmacksfülle sehr munter im Glas. Ein duft- und geschmackreicher Charakterkopf, der vieles aus den gängigen Südregionen wie Spanien oder Südfrankreich an die Wand spielt, beschämend gut...
Nikos Douloufakis studierte übrigens Önologie in Alba /Piemont und pflanzte darum zwar keinen Nebbiolo, jedoch etwas Sangiovese. Den hab ich auch hier, kommt später...

Ein Bericht zum Weingut hier, Bezugsquelle hier.