Griechenland



Wein und Hellas, man kann sich diesem Thema nicht ganz unvoreingenommen nähern. Selbst in der einfachsten Strandtaverne bei einem harzigwürzigen Glas Retsina kommt dem Weinfreund in den Sinn, daß sich an gleicher Stelle vor 2500 Jahren schon eine (Wein)Hochkultur mit technischem und kulturellem Raffinement entfaltete. So fand man auf Thassos zwei Marmorplatten aus dem 5. Jh. v.Chr. mit Inschriften, die sich auf Regularien zur Weinerzeugung und Weinhandel bezogen, neben der Besteuerung der Handel mit TraubenMost und Wein. Zur Kontrolle des Exports wurden die Amphoren mit Stempeln gekennzeichnet. Das älteste Weingesetz der Welt ! 





Griechenland - unerträglich ist die Arroganz, mit der Hellas in der Finanzfrage von deutscher Seite tituliert wurde und wird. Primitivster Populismus, niedere Instinkte weckend. Während wir hier noch in dicken Fellkostümen an Baumrinde genagt haben, gab es auf Kreta schon eine Hochkultur mit in jeder Hinsicht ausgefeilten Kulturtechniken. Auf der haben dann die klassischen Griechen und danach die Römer aufgebaut, Grundlegendes wurde durchs Mittelalter geschleppt, in der Renaissance schließlich wiedererweckt und für die europäische Neuzeit aufbereitet.
Insofern sind wir alle Kreter. Auch beim Wein. Die Minoischen Paläste waren von Weinbergen umgeben, eine der ältesten bekannten Weinpressen der Welt ist inVathypetro auf Kreta gefunden worden, über 3.500 Jahre alt.
Ohne die Minoer kein Bordeaux, kein Moselriesling, kein Supertoskaner, kein Napa-Cab ...

Lächerlich also, beim Thema Wein und Kreta zu lächeln. Es werden dort herrliche Weine produziert. Vom einfachen Tischwein bis zum elaborierten Tropfen. Da bedient man sich (natürlich) zeitgemäßer Vinifikation, es gibt State of the Art - Weingüter. Bei den Roten werden die lokalen Rebsorten gern mit der hitzeresistenten Syrah angereichert.

Während ich dies schreibe, ist ein Roter der 8€ Klasse im Glas, also für Weinfreunde eher Einstiegsklasse, bereitet aus Liatico, Kotsifali und Syrah: Enotria 2008 Douloufakis (13,5% / 8€). Der steht schon mit wild-würziger Geschmacksfülle sehr munter im Glas. Ein duft- und geschmackreicher Charakterkopf, der vieles aus den gängigen Südregionen wie Spanien oder Südfrankreich an die Wand spielt, beschämend gut...
Nikos Douloufakis studierte übrigens Önologie in Alba /Piemont und pflanzte darum zwar keinen Nebbiolo, jedoch etwas Sangiovese. Den hab ich auch hier, kommt später...

Ein Bericht zum Weingut hier, Bezugsquelle hier.



Kreta ist nun nicht gerade cool-climate, die Sommer sind heiß und trocken. Einige Winzer suchen deshalb Höhenlagen für ihre Reben. Und haben in letzter Zeit die Syrah für sich entdeckt, die kann Hitze ja gut ab. Vor Ort bot sich die Gelegenheit für eine kleine Syrahverkostung.


  • Methy Syrah-Liatiko 2009 Ein Einsteiger, aber schon verblüffend viel Schmackes in der Flasche. Vor allem in der Nase sehr viel Rauch und Speck. Rustikaler Genuß. 
  • "Prinos" Syrah 2009 Diamantakis Winery (14% / 9€) Ein Newcomer, das Weingut existiert erst  seit 2007. Hier steht ganz die Frucht im Vordergrund, sehr beerig, aber nicht überreif, viel Frische verströmend, modern. In Aufmachung, Aromatik und PLV absolut marktgängig für deutsche Fachhandelskunden.
  • Lyrarakis Syrah-Kotsifali 2008 (13% / 14€) Schon ein dickeres Kaliber, dunkle reife Frucht, Tabak, orientalische Spezereien. Warmer Kraftwein vom etablierten Top-Winzerbetrieb der Insel (seit 1966). 
  • Nostos Syrah 2007 MANOUSAKIS WINERY Chania (14,5% / 25€) Der Betrieb liegt nicht im Hauptanbaugebiet Kretas südlich von Heraklion, sondern weiter im Westen, bei Chania zu Füßen der Lefka Ori. Hier hat man Ambitionen, konzentriert sich ganz auf Rhonesorten (Der Rousanne wird hier besprochen). Laurence Feraud von der Domaine Pegau ist aktiv als Consultant für Manousakis tätig, die Weine gibts auch im Barreis in Baiersbronn
    Nostos ist der rote Topwein des Gutes, nur 3500 Flaschen in 2007. Der Wein wirkt vertraut, die Gesamtaromatik ist reichhaltig und warm wie ein hochwertiger Südfranzose. Vollreife Früchte, röstig, samtiges Schoko - also der "Schmelzstil", der ja angeblich schon wieder "out" sein soll. Ich bin trotzdem ein Anhänger...    

    Bezugsquelle hier

Da wächst er, der Syrah...






Ungewöhnlicher Wein, deshalb kriegt er
hier so ein schönes großes Foto...


Nach den Syrahs, bei denen Kretas Winzer auch auf internationale Stilistik orientieren(klick hier), gibt es natürlich auch Abfüllungen aus lokalen Sorten, echte Griechen sozusagen. Als Beispiel hier mal eine wirkliche Kreta - Granate:
Mandilari 2007 Plakoura Vineyard Lyrarakis (12,5% / 13€). Wer kennt das nicht - nach dem Aufziehen einer Flasche verbreitet sich gleich ein intensiver "Rotweinduft" im Raum. Das macht der hier, starke Nase nach Johannisbeere, auch Sauerkirsche. Nichts Süßes versprechend, keine Vanille, kein Tabak. Erinnert etwas an einen jungen Bandol. Auch im Mund Mourvèdre-Stilistik, herzhafter Säurebiß, wenig Süße, Gerbstoff packt zu. Intensiver Wein, ein Essensbegleiter. Am dritten Abend zugänglicher, etwas weicher, aber von Oxydation keine Spur. Sicher zu früh geöffnet, ein Langstreckenläufer, leider hatte ich nur die eine Testflasche.
Lyrarakis folgt bei den authochtonen Sorten wie dem Mandilari dem Einzellagenkonzept. Und da gibt es bei diesem für kretische Verhältnisse etablierten Traditionsbetrieb einiges zu entdecken. Weitere Weine werden aus den Sorten Plyto, Dafni, Assyrtiko, Thrapsathiri, Vidiano und Kostifali bereitet.

Bezugsquelle z.Bsp. hier (klick)

Gepflegte Anlagen bei Lyrarakis

Dickschalig, hart, dunkel:
Die charakterstarke Mandilari




Griechenland ist klamm mit Euros. Und wird darum auch beschimpft, vor allem aus Deutschland. Mir kommt da allerdings zuviel Überheblicheit durch. Das entspringt meist sowieso einem Neidkomplex, wie gerne würde der vom deutschen Arbeitsethos Besessene gerne selber mal eine Gang runterschalten... 
Lieber mehr Wein aus Hellas trinken. Das hilft und schmeckt, vor allem, wenn man die richtige Flasche aussucht.

Paris Sigalas
"SIGALAS  SANTORINI"  2007 / Assyrtiko Domaine Sigalas / Santorini (13,5% 12,90€) Ein Wein von der regenarmen Insel Santorini in der südlichen Ägäis. Da gibt es nur kleine knorrige Rebstöcke, die sich tief an die karge Erde ducken. Sehr bedeutend ist der Weinbau auf Santorini (oder Thira, wie die Griechen die Insel nennen) nicht, der Tourismus ist wichtiger. Spektakuläre Sonnenuntergänge über der Abruchkante der Caldera, vor weißen Häusern ist DAS Griechenlandmotiv. Der Wein hat nichts mit traditioneller griechischer Weinbereitung zu tun, wie etwa beim Retsina. Er ist modern gemacht, Sigalas ist ein "state of the art" Betrieb. Mittlerweile auch im Export sehr aktiv, die Weine werden weltweit vertrieben. Ich hatte einen 2007er Assyrtiko vor zwei jahren schon mal relativ jung (hier), da dominierte Zitrus und eine ungestüme Frische. Jetzt präsentiert er sich in erster Reifung. Die Nase geht nach etwas Lüftung richtig auf, wird zu einem großen Blumenstrauß. Reife Aprikose, Haselnußkrokant, frischgeschnittenes Weißbrot, Basilikum und Minzeblätter, beide mit Daumen und Zeigefinger  zusammengerieben - herrlich. Im Mund sehr cremig, hat Volumen, Körper und Schmelz. Präsente Süße, abgeschliffene Säure, wird aber noch durch Frische balanciert. In diesem Zustand sehr gut, für Freunde eines kräftigen,  intensiven Weißweintypus. Längere Lagerung aber eher nicht ratsam.