08.11.2009

Weincharakter - Charakterwein




Nach harter körperlichen Anstrengung (40x40 Kilo Estrichbeton mußte in Säcken transportiert werden) führte eine Spontanprobe zweier Weine mal wieder zu Erkenntnissen.
Zuerst ein Roter aus Südfrankreich von der südlichen Rhone aus dem Gebiet Gigondas: Domaine Grand Romanee Gigondas 2005 von Pierre Amadieu (ca.17€), einem relativ großen familiengeführten Winzerbetrieb.

Aus der stattlichen Wappenflasche entströmte gleich warmwürziger Duft, auch sonst hielt sich der Wein keineswegs zurück: Gesättigtes Dunkel im Glas, im Mund dann Druck und Dichte mit Lakritze, Süßholz, Gerbstoffe vorhanden, aber sehr anregend in die Gesamtaromatik eingebunden. Kam bei längerem Luftkontakt noch stärker und zeigte seinen ganzen satten Grenachecharakter, für den diese starken Weine von der südlichen Rhone nun mal stehen.

Auch aus der Ribera del Duero in Spanien ist man Dichte und Kraft gewohnt. Stilbildend waren hier die Pesquera-Weine von Alejandro Fernandez: Dunkle, körperreiche, frucht-und gerbstoffreiche, röstig-würzige Tempranillos.
Der Erial 2007 (13,90€) der Bodegas Epifanio Rivera wirkte dagegen insgesamt zurückhaltender. Schon in der Nase eher feinduftig, waren dann am Gaumen Frucht und Gerbstoff derart ausbalanciert, daß durch die geschliffene und elegante Art fast schon etwas Langeweile aufkam. Der Südfranzose hatte eben den Takt in Richtung "pralles Leben" vorgegeben, dem der Gentleman - Ribera nicht folgen konnte.



Wie häufig bei Weinbeurteilungen war es eine Frage des "settings": wie ist das Umfeld, welche Weine werden "gegeneinander" getrunken, welche Erwartung habe ich etc. ?
Die Aromatik des Ribera regte aber auch zu weiteren Überlegungen an. Die billigen Massenweine aus Großproduktion gehen sowieso auf "Nummer sicher" und biedern sich mit gefälliger und säurearmer Weichheit an. Warum werden aber immer mehr Weine aus der gehobenen Genußklasse auf elegantes easy-drinking getrimmt ? Beim Wein ist doch gerade die Bandbreite an Geschmäckern so faszinierend, bei einer zunehmenden Vereinheitlichung braucht es die große Auswahl nicht mehr.
Weine sollten regionalen Charakter zeigen, da darf es auch schon mal sperrig und anstrengend sein. Ein Barolo darf Säure haben, ein Madiran den Gaumen mit Gerbstoffen tapezieren, ein Bordeaux muß jung nicht schon seidig-schokoladig dahinschmelzen und ein Ribera nicht wie ein Merlot schmecken.

Eigensinn statt geschmacklicher Beliebigkeit !

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