15.09.2011

Sud de France 1: Qualität contra Weinsee


Das Languedoc - unendliche Weinweiten. Wer auf der A9, der Languedocienne, von Avignon nach Südwesten in Richtung spanische Grenze unterwegs ist, fährt durch die größte zusammenhängende Weinbauregion der Welt. Ihre Produktion ist größer als die von Bordeaux, Australien, Südafrika und Chile zusammengenommen: 15 Millionen Hektoliter Wein ! Ein beträchtlicher Teil der europäischen Weinüberschußproduktion wird hier Jahr für Jahr eingefahren und gekeltert. Die Masse stammt von Rebstöcken in den Ebenen, die in den sonnensatten Sommern kräftig tragen, verarbeitet von Genossenschaften und großen Weinkonzernen. Ein Weinsee, den in dieser Menge niemand braucht, den keiner leertrinken kann.
Seit Jahren wird deshalb großflächiger Rückbau betrieben, die Bestockungsrechte werden reduziert. Nicht einfach, weil der Rebbau nach wie vor ein wichtiger Beschäftigungssektor im Süden ist. Die Weinbauern sind eine einflußreiche soziale Kraft, die auch auf eine lange Reihe militanter Proteste zurückblicken können. Da werden auch schon mal in Supermärkten die Regale mit Überseewein geplündert.
Neben Reduzierung gibt es natürlich hier seit Anfang der achtziger Jahre auch eine Qualitätsoffensive. Die Trendsetzer waren Um- und Einsteiger, Tüftler, Individualisten, vielfach Leute, die vorher ganz was anderes gemacht hatten. Im "Kalifornien Europas" war Platz. Rebflächen, vor allem an den schwer zu bearbeitenden Hängen mit kargen flachgründigen Oberböden, konnten günstig übernommen werden. Namen aus dieser Zeit sind z.Bsp. Daumas Gassac, Mas Jullien, Saint-Jean de Bébian. Die Umbaudynamik hält bis heute an, immer wieder tauchen neue Etiketten auf. Bordeauxwinzer engagieren sich, Engländer und Deutsche mit überschüssigem Geld investieren, Aussteiger träumen ihren Weintraum in abgelegenen Bereichen und produzieren ausgereizte und teure Spitzenqualitäten. Beispiele aus letzter Zeit sind Domaine Virgile JolyChateau Moyau und die Domaine des Enfants (Besprechung klick hier).
Auch in der Masse gab es durch Ertragsbegrenzung und moderne Kellertechnik Fortschritte, vor allem in Richtung Vin de Pays und Rebsortenweine. Viele Genossenschaften produzieren mittlerweile absolut trinkbare Einstiegsqualitäten für kleines Geld.

Mitten im Midi: Weindeuter - Minervois Probe 2005
Weinbau im Midi heute also eine Erfolggeschichte, nach Jahren des Niedergangs nun konsolidiert ? Keineswegs, die Topwinzer leiden unter der Wirtschaftskrise, die Großbetriebe werden durch Billigimporte und geänderte Trinkgewohnheiten in die Zange genommen.  
Ein Ausweg ist Marketing. Seit 2006 wird unter dem Label Sud de France versucht, eine für den Konsumenten griffige Dachmarke für Wein aus dem Midi zu schaffen, flankiert durch lokale Kulinarikprodukte. Nicht nur Großproduzenten und Genossenschaften machen da mit, sondern auch namhafte Privatwinzer wie etwa Pierre Clavel. Intern wird  den Erzeugern geholfen auf "Marktbedürfnisse einzugehen und wettbewerbsfähiger zu werden". Außerdem wird weiterhin mit EU-Mitteln das "grubbing -up" Programm begleitet, d.h. Vernichtung von Rebflächen.
In der Außendarstellung in Richtung Konsumentenseite wuchert man mit mediterranem Lebensgefühl, betont Werte wie Lebensfreude, Authentizität, Tradition.
Zur Zeit läuft eine Marketingkampagne auch bei uns. Unter dem Label Festival Sud de France finden Verkostungen und Veranstaltungen rund um Wein und Kulinarik statt. Nicht nur bei den Großen wie Karstadt (Perfetto), Edeka und Jacques´ Weindepot, sondern auch bei kleineren Weinhandlungen (Liste klick hier). Auch Weinmenüs zum Thema werden angeboten. So kocht Peter Nikolay in Schermbeck zu Weinen der Region ein Menü mit dem schönen Titel "Illusions de "Sud de France" (klick hier).

Auf der Auftaktveranstaltung in Düsseldorf war die Dichte an geöffneten Flaschen aus dem Süden jedenfalls hoch, zum Teil waren es Wiederbegegnungen mit alten Bekannten, zum Teil Neuentdeckungen, dazu später mehr...

Verkostung unterm Katharerkreuz mit Markus del Monego






6 Kommentare:

  1. Gute Tropfen aus Südfrankreich gibt es übrigens auch bei Le Midi Weine http://www.le-midi-weine.de

    Das tolle, dass es bei all den Massen dort auch viel Platz für Querdenker und junge Winzer gibt, die recht experimentierfreudig sind. Auch und gerade abseits der bekannteren Namen wie Clavel.

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  2. Natürlich + es kommen stetig neue. Hatte ich ja auch drauf hingewiesen. Clavel ist da schon ein großer + etablierter, schadet aber nix. Verkostungen folgen...

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  3. Weindeuter goes marketing ?

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  4. ach wo, Einsatz für die Südfranzosen schadet nix.

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  5. und was ist jetzt mit Griechenland
    ?

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  6. Hellas Weine werden weiter verkostet, natürlich. Sollten vielleicht ähnlich professionell vermarktet werden wie die Südfranzosen...

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