27.12.2012

Weihnachtsweine 2012



Zu Weinnachten regiert die Tradition, keine kulinarischen Experimente! Das gibt Halt auf hoher See und vereinfacht die Abläufe, auch wenn es hektisch wird. Weder Hummer noch Bockwurst - hier gibts zum Heiligabend immer: Maronencremesuppe, einen winterlichen Salat mit Orangen, roter Beete, Walnüssen und dann einen Krustenbraten vom Schwein. Nur die Weine wechseln natürlich. Was übrigbleibt wird an den beiden Feiertagen dann ausgetrunken und verputzt...

Die Kandidaten in diesem Jahr waren:

Schneider "Kaitui" Sauvignon Blanc 2012 Pfalz (13% / 10€) Der "Neuseeländer" aus der Pfalz, das Motto hier: duftige Exotik, Leichtigkeit und Frische. Auch die Maronensuppe dazu war in diesem Jahr leichter, süffiger, dank Zugabe von Wein.

2010 Domaine des Aires Hautes "Réserve" Minervois La Livinière (14% / 10€) Ein Favorit in seiner Klasse! Obwohl die Gesamtaromatik des Südfranzosen weit über seine preisliche Einstufung von 10€ hinausweist. Die Brüder Chabbert erzeugen einen absoluten overachiever, Glückskauf pur. Sehr dunkel im Glas, zunächst volle Erdigkeit, Gerbstoff, viel Baß, braucht Luft, unbedingt dekantieren. Dann bringt er auch differenzierte Mittel- und Obertöne zu Gehör, wird richtig freigiebig, teilt Fruchtsüße und delikate Würze aus, Topwein.   

Hunnicut Zinfandel Napa Valley (15% / 26€) Fruchtpralle Californication, erfüllt völlig, was man von einem Zinfandel in dieser Kante erwartet, absoluter Gaumenpleaser. Ich machs mir mal einfach und zitiere kurz aus der Mövenpick-Notiz, die bringt es nämlich auf den Punkt: "Tiefes Purpurgranat. Konzentriertes Backpflaumenbouquet und Zimt, Schokokirschen, Heidelbeerkonfitüre, typische Zinfandelwärme ausstrahlend. Crèmig-weicher Gaumenfluss mit perfekt ausbalancierten Tanninen und verschwenderischer dunkler Kirschfrucht, Bienenwachs, geléeartige Extraktsüsse und betörende Fülle in der saftigen Mitte, Cocktailkirsche, Zwetschgenkompott und feine Honig-Mocca-Note im sanft ausklingenden Finale." Noch Fragen?

Quinta de Noval Port LBV 2005 Douro (19% / 19€) Nun ja, Port passt natürlich zu Weihnachten, muß einfach sein, als Nachtisch. Volle Ladung, Zartbitterschokolade, Kirschlikör, süßer Tabak. Kein Zwang zum schnellen  Leeren der Flasche, es ist bis heute immer noch was drin...

Soweit für diese Jahr, allen einen geschmeidigen Rutsch.
Auf ein Wiederlesen in 2013!







24.12.2012

Adventwein 4: Abadia Retuerta - Spanischer Edelmann



Schon der 4. Advent, der Countdown zum Fest ist fast abgezählt und noch nix aus Spanien im Glas gehabt. Höchste Zeit heute also für einen Iberer. Die passen mit ihrem schönen Tempranillo-Duft irgendwie sehr gut zu Weihnachten, wie ich finde. Dabei war der Wein, der gestern in die aufnahmebereiten Gläser floß gar kein reinsortiger Tempranillo, sondern enthielt auch noch einen guten Schuß Cabernet und etwas Merlot.

2009 Abadía Retuerta  (Sardón de Duero 75% Tempranillo, 20% Cabernet Sauvignon, 5% Merlot /  14% / ab 20€) Abadía Retuerta, ein ehemaliges Kloster mit langer Weinbautradition wurde ab1988 von Schweizer Industriellen mit viel Aufwand und großen Investitionen wieder flottgemacht. Das Gut steht heute unter den Top-Produzenten im Ribera, es geht los ab 9€, an der Spitze stehen die Einzellagen, die Vinos de Pago. Da wird es dann auch richtig teuer, für den Petit Verdot werden bis zu 140€ aufgerufen.
Die hier verkostete 20€ - Selección Especial vereint ausgewählte Trauben aller Parzellen der Finca. Und ich kann Entwarnung geben, hier ist kein Mittelmaß im Glas, sondern richtig Stoff. Der Wein zieht schon an der Nase sehr duftig los, sehr klar, frische Beeren. Am Gaumen zunächst ein etwas keckes Holzküsschen, läßt aber mit Luftkontakt nach, es öffnet sich seidige Frucht. Vereint gekonnt Fundament und Rafinesse mit süffigem Trinkfluß - was will man denn mehr...


22.12.2012

Weihnachtsweine...


 ...schon 4 Tage vor Heiligabend: Bei einer Libanonprobe in der Phönicia Lounge in Bonn wurden Weine aus dem Morgenland aufgezogen, als gäbe es gar kein Morgen mehr. Hier im Bild die Libanonlegende 86er Musar und der herrliche Comte de M 2006 von Kefraya. Details folgen...



19.12.2012

Adventswein 3: Gigondas & Chateauneuf


Dritter Advent und große Augen am Tisch: "Ja ist denn schon Weihnachten?" entfuhr es einem Mitverkoster. Kein Wunder, denn zwei stattlich wappenverzierte Flaschen standen bereit: Gigondas und Chateauneuf kamen in die aufnahmebereiten Gläser. Und es ist ja auch genau die richtige Zeit für solcherart Weine. Das Schmuddelwetter draußen erfordert Tropfen, die wirklich Wärme geben und den Raum mit warmwürzigen Düften füllen - wie eben diese beiden hier von der südlichen Rhone.

Zum einen Chateauneuf du Pape, "Le Roi du Rhone". Prächtige Weine in prächtigen Flaschen, mit barocker Grundaromatik. Dabei aber keine eindimensionalen Fruchtbomben und Tannintanker, nie langweilig, machen aber auch nicht nervös, sondern strahlen eine ausgeglichene Harmonie und Ruhe aus. Auf dem Fuße folgen dann die kräftigen Charakterköpfe aus Gigondas, ein paar Kilometer nordwestlich gelegen.

Wie sah es nun bei dem kleinen Adventsduell der beiden Rhonecrus aus? Zugegeben, der Vergleich war etwas unfair angelegt. Der "Prémices" Chateauneuf du Pape (Domaine Giraud 15% / 20€) stammt zwar aus gutem Hause, ist aber eher ein Einstiegsmodell. Und er mußte gegen ein wahres Flagschiff der Nachbarappellation antreten: "Gigondas Tradition" Domaine Santa Duc 2010 (15,5% / 20€). Das ist der "Basis-Gigondas" von Yves Gras, sein Portfolio ist mittlerweile recht umfangreich. Seine Top-Weine sind der Hautes Garrigues und der Grand Grenache 66, eine absolut likörige Essenz, vor kurzem verkostet in der Weinzeche Essen.
Doch zurück zum "Tradition", auch der hat es schon in sich und ist ein ziemlich kompletter Wein. Steht gesättigt-dunkel im Glas, volle Frucht, Lakritze, Süßholz, im Mund dann Druck und Dichte. Gerbstoffe sind bei so einem jungen Burschen natürlich vorhanden, sind aber auf anregende Weise in die Gesamtaromatik eingebunden. Auch der hohe Alkohol sorgt für keinerlei Schärfe. Zeigte nach etwas Luftkontakt seinen ganzen satten Grenachecharakter, für den diese starken Weine von der südlichen Rhone nun mal stehen. Ein südfranzösischer Nasen- und Backenfüller besonderer Qualität, allerdings kein Wein für die Mädchenparty.
Dagegen hatte es der Ch9 zunächst etwas schwer, der Prémices ist kein großer Blockbuster, kommt eher duftig aus dem Glas. Auch hier viel dunkelwürzige Frucht, aber nicht (zu) fett. Feiner floral-femininer Schmelz, nasenfein, im Mund seidig, schon jetzt herrlich trinkbar.

Begleitung für Gigondas und Chateauneuf:
Lammstelzen auf Schmorgemüse

13.12.2012

Große Libanonprobe: Weinkönige aus dem Morgenland



In der Antike gehörte das Gebiet des heutigen Libanon zum historischen Kanaan, wo ja bekanntlich schon Jesus Wasser in Wein verwandelt hat. Man bewegt sich beim Verkosten sozusagen auf biblischem Boden.
Auf jeden Fall hat Weinbau im Libanon eine uralte Tradition, gekennzeichnet bis in unsere Zeit immer wieder durch außerordentliche Zeiten des Wachstums, aber auch durch empfindliche Rückschläge. 
Die Phönizier sorgten für den ersten großen Boom. Sie verbreiteten mit ihren Schiffen die reichhaltigen Weine der Levante im ganzen Mittelmeerraum, die ersten Weinhändler der Welt.
Während der langen muslimischen Herrschaft hielten Juden und Christen das Wissen um die Rebkultivierung aufrecht, die Weinproduktion wurde in geringem Umfang bis in die Neuzeit nach antiken Methoden betrieben.
Spannung kommt erst wieder Mitte des 19. Jh. durch die Franzosen ins Spiel. Unter ihrem Schutz wird die autonome Provinz Mont Liban ausgerufen, 1857 legen Jesuitenmönche den Grundstein für den neuzeitlichen Weinbau und gründen das Weingut Ksara, nach einer ehemaligen Festung aus der Zeit der Kreuzritter. 
Während der französischen Mandatszeit zwischen den Weltkriegen steigt die Nachfrage nach Wein, Beirut wird zum "Paris des Nahen Ostens". Es kommt zu umfangreichen Neupflanzungen, vorwiegend französische Rebsorten wie Cinsault, Carignan, Mourvèdre, Grenache, Merlot, Cabernet Sauvignon, Syrah, Sauvignon Blanc, Blanc, Sémillon und Chardonnay.
1930 gründete Gaston Hochar Château Musar, das legendäre Weingut, welches bis heute für den libanesischen Wein ein dickes Ausrufezeichen setzt und einen  Platz unter den Crus dieser Welt behaupten kann.
Erneuter Rückschlag dann durch den libanesischen Bürgerkrieg zwischen 1975 und 1990. Rebberge im Bekaatal wurden zerstört, der Weinbau kam beinahe zum Erliegen.
Wenn heute wieder von einer Renaissance des libanesischen Weinbaus die Rede sein kann, sprechen wir hier von einer Entwicklung der letzten 20 Jahre. Viel Geld wurde in die Modernisierung der Weingüter gepumpt, gleichzeitig gab es Neugründungen, z.T. innovative Boutique-Weingüter mit ausländischem Kapital und Beratung.
Im Jahr 2010 erzeugten im Libanon rund 40 Weingüter auf rund 30.000 ha etwa acht Millionen Flaschen, wobei die sechs größten Erzeuger (Château Ksara, Château Kefraya, Château Musar, Château St. Thomas, Domaine Wardy und Massaya) für 85% der Jahresproduktion verantwortlich sind. 

Doch nun zu den Weinen. Verkostet wurde in lockerer Runde, nach dem ersten Durchgang zu den Weinen sehr passend ergänzt durch würzig-feine Spezialitäten der libanesischen Küche im Restaurant Arabesque in Essen. Eines vorweg: Wer bei Wein und Libanon "heißgekochte" und plumpe  Gewächse voller Alkohol assoziiert liegt falsch. Die Tropfen profitieren in ihrer Gesamtaromatik von der ausgeprägten Höhenlage vieler Pflanzungen, z. T. bis in 1000 Meter Höhe. 






Clos St. Thomas Rosé Les Gourmet Rosé 2011 (Syrah, Petit Verdot, Cinsault 14% / 9€) Angenehmer Einstieg mit einem fruchtvollen, weichen Schluck, kein leichter Erfrischer, intensiver schmelziger Rosé. Der Rosé gibt die Richtung vor, Leichtgewichte sind hier nicht zu erwarten.

Altitudes Ixsir weiß 2010 (Muscat, Viognier, Sauvignon, Sémillon 13,5% / 12€) Schöne, leicht würzige Nase, Muskatnuß, voller Körper, kein leichtes Früchtchen. 

Clos St. Thomas Les Emirs 2008 (Cabernet Sauvignon, Syrah, Grenache 14% / ab 10€) Viel Duft im Glas, Aromen wie aus "Tausend und einer Nacht", Schokopraline, im Mund, dann weiche Gerbstoffe, hinten raus belebt etwas Säure, sehr gut.

Ixsir Altitudes 2009 (Cabernet Sauvignon, Syrah, Caladoc, Tempranillo 13,5% / ab 12€) Seidige Nase, gute Mischung aus Frucht und Würze, etwas Tabak, runde Sache ohne Übertreibungen, könnte auch ein moderner Schluck aus dem Languedoc oder aus Spanien sein. Neues Weingut mit interessanter Kellerarchitektur, moderne Aufmachung, hier hat man viel Geld in die Hand genommen und offenbar noch einiges vor. Die Önologie liegt in spanischen und französischen Händen.




Chateau St. Thomas 2007 (Cabernet Sauvignon, Syrah, Merlot 14% / 25€) Der große Bruder vom Emir, warme Fruchtnase, Vanille, Schoko, süße Weihnachtswürze im Glas, dicht, hat Länge, ein Gaumenpleaser. St. Thomas wurde 1990 gegründet, bis heute ein Familienbetrieb mit 65 ha, die Reben wachsen in Hanglage bis zu 1.300 m.




Kefraya "Les Breteches" 2009 (Cinsault, Cabernet Sauvignon, Syrah, Mourvèdre 13,5% / ab 10€) Leisere Töne, feine Nase `a la Bordelaise, kleine Beeren, frischer Mund, Süße-Säure Spiel mundwässernd, Top.

Ksara "Reserve de Convent" 2009 (Syrah, Cabernet Sauvignon, Cabernet Franc 13% /ab 9€) Wärmer, mehr Tabakwürze, spielt etwas mehr die exotische Klaviatur. Ksara ist DER Klassiker im Libanon, seit 1857 von Jesuiten aufgebaut, 1973 nach einer Entscheidung des Vatikan privatisiert. Großer Betrieb mit insges. 300 Hektar Rebfläche, stetig modernisiert. Liefert sich mit Kefraya stets ein Kopf-an-Kopf-Rennen. Auch bekannt für seinen Arak "Ksarak".




Chateau Kefraya 2008 (Cabernet-Sauvignon, Syrah, Carignan, Mourvèdre 13% ab 20€)  Hellduftig, Eleganz, luftig, superfein, erinnerte mich spontan an Musar, Topwein. (Verkostungen zum Musar hier und hier) Gegründet in den 1950er Jahren, mit viel Aufwand und französischer Hilfe, litt stark im Bürgerkrieg, in den Wirren der Kämpfe stürzte  ein syrischer Kampfjet mitten in die Rebberge.

Chateau Ksara 2006 (Cabernet Merlot Petit Verdot 13% / ab 20€) Hier ist Wumms drin, dunkel, Tausendundeinenacht, Sonne, Haremsdüfte, Verwöhner...



Ixzir Grand Reserve 2009 (Cabernet Sauvignon, Syrah, Caladoc, Tempranillo 13,5% / ab 20€) Der Wein gibt sich zunächst zugeknöpft, viel Gerbstoff, öffnet sich erst nach längerem Luftkontakt, zeigt dann seriöse Qualitäten mit viel Struktur. Man experimentiert hier noch, ändert den Rebsortenspiegel über die Jahrgänge. Details auf der sehenswerten Homepage.

Aurora 2010 Cabernet Franc (13,5% 28€) Waldboden, Trüffel, dunkle Früchte, ein Schluck mit Tiefe, sozusagen der Barolo der Verkostung - herrlicher Wein. Aurora ist eine Neugründung, nur 4000 Flaschen werden insgesamt pro Jahr auf 1,4 Hektar erzeugt. "Garagenwein" mit hohem Qualitätsanspruch.





St. Thomas Le Merlot "A" 2005 (ab 35€) Das Beste zum Schluß, ganz und gar dunkle Frucht, reichhaltig, viel süßer Kaffee, Kakao und Vanille, dabei aber noch viel Gerbstoffsubstanz vom Feinsten, hohe Konzentration, die sich dem Verkoster bereitwillig öffnet, großes Weinkino. War beim Mondial du Merlot 2012 in Lugano als Nr. 1 platziert als "Best Older Vintages Merlot"  (klick).






Weine von Libanon Feinkost
53129 Bonn Heinrich Körner Straße 11





10.12.2012

Adventswein 2: Weiße Südfranzosen


Am zweiten Advent kamen zwei Weiße aus dem Süden Frankreichs in die aufnahmebereiten Gläser. Wobei gleich vorweg gesagt werden muß, daß sie nicht "gegeneinander antraten", bitte kein wine-battle in friedlicher Lichterkettenkerzenzeit. Auch beim Hinweis auf die Bezugsquellen soll jeglicher Konkurrenzgedanke vermieden und nur kurz vermerkt werden, daß die Weine von den beiden Platzhirschen im Ruhrpott kommen, der Weinzeche in Essen und dem Mövenpick Weinkeller in Dortmund. Pure Harmonie also - auch im Glas? Im Grunde ja, wenn man bereit ist, in erster Linie mal nicht auf Frucht und Frische zu setzen, sondern auch würzige Fülle zu ihrem Recht kommen zu lassen.

Der Chardonnay 2011er der Domaine Pesquie (12,5% / 9,90€) kommt aus Mormoiron, ein Dorf zu Füßen des mächtigen Ventoux. Im direkten Vergleich etwas leichter, gefällt mit reifer Birne und floralen Noten, ist relativ weich, behält aber ausreichend Säure für angenehm frisches Mundgefühl. Ein stärkeres Kaliber dann der weiße Chateau de Nages "Vielles Vignes" (Costiere de Nimes / 13,5%/11€).  Der Wein kommt vom anderen Ufer der Rhone, das Anbaugebiet liegt geographisch eigentlich schon im Languedoc. Mehr Baß schon in der Nase, kein Früchtchen, hier steht ein warmer Würzer im Glas. Sowas mag nicht jeder, Weiße von der südlichen Rhone aus Grenache Blanc und Roussanne, zumal mit Barriqueausbau, polarisieren manchmal. Das hab ich bereits bei erheblich teureren weißen Chateauneufs erlebt, da läßt schon mal eine 100€ Flasche Beaucastel blanc die Verkoster etwas ratlos zurück. Dies hier ist seriöser Saft, selektierte Trauben von alten Reben. Schön gelb im Glas, etwas Vanille, getrocknete Orangen. Der Wein braucht Luft, am besten war er einen Tag später, dabei nicht zu kalt trinken, entwickelt dann im Mund Fülle mit cremiger Exotikfrucht.





03.12.2012

Adventswein 1: Der Spanier glitzert...



Der Countdown läuft, wie jedes Jahr versperren Berge aus Lebkuchenherzen und Marzipankartoffeln die Supermarktgänge. In den Städten stehen Bretterbuden, es dampft nach Glühwein und frittiertem Blumenkohl. Lichterketten spenden Glanz, tauchen den vorweihnachtlichen Wahnsinn in gnädiges Zwielicht. Der Weindeuter wartet aufs Christkind wieder mit dem ein oder anderen Adventswein, bevor dann am 24. die eigentlichen Weihnachtsweine in die Gläser kommen. Zum 1. Advent ging es gestern sehr einfach zu, ein Wein aus der Brot & Butter - Klasse kam aus dem Keller ins Licht. Der Grund für die Flasche war vor allem ihre weihnachtliche Aufmachung mit den goldenen Sternchen, die glitzerten richtig schön im Kerzenschein...

"Pagos de Isarpe" 2007 Bodegas Orvalaiz / Navarra / Agricultura egologica (14% / 4,99€) Große Genossenschaft mit Qualitätsanspruch, der Spitzenwein ist der Septentrion. Der "Pagos" ist ein Einsteigerwein, aus Merlot, Cabernet - Sauvignon, Tempranillo und stammt aus zertifizierter Bioproduktion. Nach ein paar Jahren im Keller präsentiert sich der Isarpe immer noch in lebendigem Rot, nur leichte Reifetönung, zum Rand hin orangefarben aufgehellt. Charakteristisch für den Pagos ist ein kleiner pikanter Stinker direkt nach dem Öffnen, der aber rasch verfliegt. Dahinter zeigt sich schöne Cassisfrucht, immer noch ein saftiger Schluck. Dabei kein süßer eindimensionale Schmeichler und Süßeverwöhner sondern ein kleiner Charakterspieler mit Biß.





29.11.2012

Weinmenü in der Siedlerklause



Köche sollen ja bei den Berufsgenossenschaften zur Risikogruppe 1 gehören. Nicht wegen des Feuers am Herd oder dem Hantieren mit scharfen Messern, sondern wegen Stress, häufig in Verbindung mit Alkohol. Das Risiko eines Herzinfarktes ist sehr groß. Es gibt angeblich eine Statistik, nach der ein Chefkoch eine Lebenserwartung von 56 Jahren hat. Zudem die Arbeitszeiten - schuften, wenn andere feiern.
Jan Möllmann aus Dortmund hat sich seinen Kochjob zum Glück etwas anders eingerichtet. Er betreibt in seiner Siedlerklause kein reguläres Restaurant mit festen Öffnungszeiten und Speisekarte. Bei ihm wird "gegessen, was auf den Tisch kommt", nach vorheriger Anmeldung. Seine Menüabende im verschlafenen Vorort Brechten im Norden von Dortmund haben mittlerweile Kultstatus unter Feinschmeckern im Ruhrgebiet.
Ein vorweihnachtliches Gänseessen, in Kooperation mit dem Mövenpick Weinkeller Dortmund, eröffnete kulinarische Einblicke...



Jan Möllman in Aktion, alles liegt in der kleinen  Küche der Siedlerklause in seinen Händen. Hier letzte Vorbereitungen für die...


...Blutwurst auf Apfel-Kartoffel-Plätzchen mit Kumquatzkonfitüre, dazu ein volles Glas Pol Roger. Der Schampus wurde schon bei der Hochzeit von Prinz William und Kate serviert. Deftig trifft edel - das passt...


Dann zur intensiv-würzigen Fleischbrühe mit Pfannkuchenstreifen der knacketrockene Sherry Fino Solera Reserva von Lustau, anregende Kombination.


Bettina Hess, Geschäftsführerin Mövenpick Weinkeller Dortmund, stellt zwei Weiße vor: Chateau Guiraud 2011, der "trockene" Weiße aus dem bekannten Weingut im Sauternes. Sauvignon Blanc und Semillon spielen hier für vergleichsweise kleines Geld groß auf. Alles eher auf der frischen Seite, ist aber (auch mit 13,5% Alc.) kein Leichtgewicht, hat genügend würziges Fundament. Chassagne Montrachet Domaine Morey 2008 ist dann im Kontrast, wie nicht anders zu erwarten, reichhaltiger, wärmer, weicher. Schöne elegante Chardonnayerscheinung, leichte Vanille, reife Birne - Top.


White Wine with the fish: Gedünsteter Seesaibling im Basilikumschaum.


Zur Gressingham Gans, die Kruste kross, das Fleisch zart,saftig, mürbe, folgen dann...


...zwei Rote. Wieder ein schöner Kontrast, die Auswahl bleibt hier "deutschsprachig": Der Ziereisen Jaspis Pinot 2007 aus dem Markgräfler Land "pinotiert" recht deutsch, beeindruckt in der Nase mit zartem Rauch und süßer Kirsche, behält dann aber am Gaumen luftige Feinheit, offene Gerbstoffe, beinahe weich, hoher Trinkfluß. Kräftiger zur Sache geht da der Österreicher, Jois Blaufränkisch 2008 vom Scheiblhof im Burgenland. Hier geht es um reife schwarzbeerige Frucht, Holz, Schokotöne. Ein moderner Vertreter aus Österreichs wärmster Ecke. 


Schließlich wird es süß. Einmal Schloß Lieser Riesling Auslese 2006 von der Mosel und aus der Schweiz 2006er Vintage Zürcher Likörwein der Staatskellerei Zürich.


Wieder ein schon ausgesuchtes Kontrastprogramm. Beides sehr angenehm und natürlich Geschmackssache, für mich war aber hier zur kräftig-konzentrierten Lebkuchenmousse der "Portwein" aus der  Schweiz mit seinen weihnachtlichen Aromen von Nuß, Rumtopf und Trockenfrüchten der Favorit.


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24.11.2012

"Große Weine der Welt" im MöPi Dortmund



Muß man eigentlich immer alles analysieren? Immer alles gedanklich zerteilen, kategorisieren, bepunkten, Hirachien bilden, Werturteile abgeben? Gerade Genußmenschen sind für sowas anfällig, wie man an den Diskussionen um die aktuellen Editionen der Fress- und Weinführer ablesen kann.
Solcherart Gedanken kamen mir im Dortmunder Mövenpick angesichts der Probe "Große Weine der Welt". Diese Flaschen versprachen Wesentliches. Und Wesentliches spürt und genießt man, man analysiert es nicht, so ein Diktum, welches mir sehr sympathisch ist. Aber so einfach ist es ja auch wieder nicht, die reine Emotion hat es in der Praxis schwer. Zumindest wenn sich eine solch große Bandbreite an Premiumweinen vor dem Verkoster aufbaut. Wobei Premium beim Wein ja auch schon wieder ein durch bereits getroffene Wertungen vordefinierter Kanon ist.
Wie auch immer, man kann dem nicht entrinnen, also sinnvoll vorgehen. Die Gelegenheit nutzend, wurden einige Weine parallel verkostet.

Zunächst einige Cabernets:
  • Ducru-Beaucaillou 2009
  • Pichon-Longueville Baron 2009
  • Opus One 2009
  • Latour 2006
Im Vergleich zum Ducru kam der Pichon überraschend mild daher, offen wirkend. In der (männlich besetzten) Verkosterrunde lag der Ducru mit seiner intensiv-druckvolleren Art vorne. Der Opus, zuvor noch solo verkostet sehr "a la bordelais", konnte den California-Style dann doch nicht verbergen - warum auch. Die weiche, süßliche Frucht und Fülle kam durch und stand Top im Glas.
Dann Latour, noble Dichte, poliertes Edelholz, komplett, Sieger der Runde.



Dann dreimal Syrah:
  • Ziereisen Syrah Jaspis 2008
  • Negly Clos Truffiers 2008 
  • Guigal Côte-Rôti La Turque 2002
Eine gewagte Zusammenstellung, natürlich überhaupt nicht so homogen wie der Cabernetflight.
Ziereisen gibt dem Jaspis eine kräftige Röstnote mit, darunter liegt reichlich offene Frucht. Der Wein wirkt duftig, luftig, leicht vor allem dann, wenn man den Negly an die Nase nimmt. Eine dunkle Suppe, in der so einiges wabert. Auch durchaus befremdliche Noten, so nehmen einige einen unangenehmen Buttermilchtouch war, ein Preis der überreif gelesenen Frucht? Mir hat der Truffiers jedenfalls schon mal besser geschmeckt. Beim La Turque dann das Urteil: "Endlich Wein". Reintönig, fokussiert, Konzentration, eine klare Straße ins Offene...

Der Rest hier als kleine Bilderschau, alle Fotos Dirk Vogel/Dortmund
Die komplette Probenliste ist hier / klick



Burgund wurde zwar freundlich offeriert, vom Weindeuter aber diesmal ausgelassen


Jaspis - läuft...



Rodrigo Plass von Vina Errazuriz präsentiert Spitzen des chilenischen Weinguts, darunter Don Maximiano und den 2001er Chadwick
Bei den Weißen brachte Egon Müllers Scharzhofberger SL 2010 mit seinem duftig-leichten, aber trotzdem intensiven Süß-Säure-Spiel Erholung an die rotweingestressten Gaumen



Weindeuter schnüffelt

Bettina Hess, Geschäftsführerin Mövenpick Dortmund...

...brachte die Probenkarte zurück nach Dortmund

Um den 220€ Barolo Castello Luigi 2008 kam eine Diskussion auf: Kork oder kein Kork? Die Mövenpick - Experten sagten nein...


Claudia Kaschinski mit ihrem herrlichen Käse...

...bereichert seit einiger Zeit die Proben im Dortmunder Mövenpick