09.02.2011

Priorat + Aldi

Der Priorat - Hammer hat vor einiger Zeit in eine seiner Prioratproben den temporär bei Aldi erhältlichen 2008er "El Patio" Priorat eingebaut. Und der entpuppte sich in seiner "doppelt blind" angelegten und über mehrere Tage gehenden Degustation (hier) als absoluter Treffer, gar als Star des gesamten line-ups,  darunter große und teure Gewächse aus dem katalanischen Anbaugebiet. Der Ausnahmegenuß war aber nur auf diese eine angestellte Flasche beschränkt, nachgekaufte Konterflaschen waren o.k., kamen aber bei weitem nicht an den Inhalt der ersten Flasche heran.

How come ? Zur inzwischen legendären, auch hier im Weinforum diskutierten Bernburger Prioratprobe mit dem "El (Diabolo) Patio" und zum Thema Discountwein generell ein Kommentar von Torsten "Priorat" Hammer:




El Patio 2008 - der Aldi - Wein (aus der spanischen Lotterie)

Kaum ein Wein aus dem Priorat ist wohl imstande, die Meinungen der Prioratliebhaber weiter auseinander zu reißen, als ein simpler 5 € Wein aus dem Sortiment von Aldi Nord dieser Tage.

Bei vielen Weinen ist man sich einig:
-         göttlich, aber leider fast unbezahlbar (l´Ermita und Co aus der Klasse der PREISLICH  abgehobenen mit Raketentriebwerk).
-         sensationell gut und gerecht bezahlte große Kunst (vom Clos Mogador als Pionierleistung über Corelium und Doix bis hin zu Creu Alta – Weine, die zeigen, dass Qualität auch honoriert werden muss, die aber gegen viele überteuerte Weine der Welt noch ein wahrer Quell der relativen Schnäppchen sind.
-         Viele Geheimtipps, die man nicht an jeder Straßenecke bekommt, die aber qualitativ oft mehr bieten als sie kosten.
-         Etliche tolle Weine im Basissegment, die danach schreien, Prioratliebhaber zu werden.

(jawohl, letztere beide Kategorien gibt es, auch wenn so mancher gut und breit aufgestellte Händler das gern leugnen mag… - aber wer suchet, der findet)

-         einige zugegeben immer weniger werdende Zahl mit wenig Vergnügen zu trinkender Weine von Großerzeugern und für den Massenmarkt.

Wohin nun gehören die Discounterweine von Aldi und Lidl, die seit einigen Jahren immer ein Mal jährlich auf den Wühltischen der Tiefpreisflieger liegen?

Anfangs der letzten Kategorie zugehörig, hat sich grade Aldi mit den Jahren entwickelt. Die beiden Weine von Aldi Süd – Montecastillo 2006 und 2007 waren durchaus respektabel der vorletzten Kategorie zu zuordnen.

Ich muss mich mit den Discounterweinen wegen des Prioratführers beschäftigen oder gar plagen, denn schließlich will ich da über alles informieren, was mir in die Finger gerät und was den Schriftzug „Priorat“ auf dem Label trägt – auch eben dieses unterste Segment, mache es nun Spaß oder nicht. Zugegeben, die beiden Montecastillos, jeweils in Blindproben des Jahrgangs eingebracht und in der Regel gegen ca. 30 andere Weine gestellt, waren alles andere als spaßbefreit. Es waren sehr korrekte, ja sehr gute Weine, die manchen teureren Kameraden hinter sich ließen und nie auf dem letzten Platz landeten (aber auch nie in der vorderen Hälfte) – unbedenklich und für den Preis einfach sogar zu empfehlen.

Zumindest der einen Flasche im Blindtest nach zu urteilen.

Endlich nun im Jahr 2011 wird Deutschland erneut wiedervereinigt. Die Millionen Aldi-Nord – Deutschen bekommen den El Patio in die Filialen, 2008 – inzwischen ansatzweise erkannt als eher leichterer, eleganterer Jahrgang, aber auch ähnlich 2006 mit enormem Trinkspaßpotential bei den Prioratos…

Er kommt genau rechtzeitig zu einer ersten Blindprobe in den Laden, auch in den Aldi, bei mir ums Eck, den ich zu oft wegen der alt-DDR typischen Aussage „Hammwanich“  meide, um nicht hinterher noch woanders hin zu müssen…

Und Aufschrei – er gewinnt souverän die Blindprobe von 15 Weinen – mit einigen anderen Weinen bis 10 €, aber auch 40 € - Flaschen. Mitternacht geöffnet, sechs Stunden später ein Drittel der Flasche in eine Minikaraffe gegossen, erneut ca. sechs Stunden später zu dritt verkostet und als eindeutiger Sieger bei jedem Verkoster dargestellt.

Nein, Verwechslung ausgeschlossen, auch die Nachverkostung – erneut blind – des letzten Glases aus der Karaffe zeigt, das ist Opulenzia, der Wein mit dem betörenden Duft, der diesen Jahrgang raffiniert und in seiner Typizität auf den Punkt bringt, keine Wuchtbrumme, nein tänzelnd, harmonisch, ausdauernd und mit Tiefe.

Nach dem völlig überraschten Aufdecken – Überzeugen aus der Flasche, ja dies ist Opulenzia, immer noch. Gut, sie verliert mit den Tagen wie mancher anfängliche Blenderwein nach drei Tagen an Ausdruck und Tiefe, ist nicht mehr groß, aber noch immer exzellent. Selbst nach 6 Tagen überspringt er diese Messlatte bei mir noch…

Was tun? Die Reste aufkaufen (eine Filiale scheint so um die 18 Flaschen zugeteilt bekommen zu haben. Einen so guten Alltagswein würde selbst ich mir noch hinlegen, aber 12 Mal 5 € ist auch Geld, also erst noch mal eine zweite Flasche ziehen, vorher sicher gehen, dass sie aus selbigem Lot stammt…

Diese Flasche dann ist charakterlich genau so, aber wie mit der Käseglocke abgedeckt, kein üppiger Duft, nix Opulenzia. Normal sehr gut gemacht. Nicht mehr, nicht weniger. Wie Beefheart, der nicht ins Mikro singt, sondern bei verschlossener Tür im Nachbarzimmer…

Okay, dann brauch ich die Reste doch nicht. Opulenzia N° 2 hätte mich des Gegenteils überzeugt. Nicht-Opulenzia sagt mir, es gibt keine breit angelegten Wunder…


Inzwischen habe ich mich mit Weinfreunden aus dem Aldi – Nord Einzugsgebiet zwischen Essen, Berlin und Jena verständigt…

Nach Opulenzia N° 1 gab es überwiegend Flaschen, die wie meine 2. Flasche charakterisiert worden sin: Sehr gut, das Geld wert (oder sogar knapp das Doppelte), ein sehr schöner Erfolg für Aldi. Sie kommen aus dem Ruhrgebiet, aus mehreren Berliner Filialen, aus Naumburg und anderen Ost-Aldi´s.

Gegen Opulenzia N° 1 stehen bislang zwei belanglose bis bäh… Flaschen, eine in Essen, eine in Jena (hier sogar mit schlechtem Preis-Genuss Verhältnis angeprangert).

Was letztlich meine vermutete These von der Lotterie bestätigt… Rechne ich den Preis aller mir bekannten Normal und Negativvarianz-Flaschen zusammen, so würde „einmal Opulenzia bitte“ schon mehr kosten als eine Flasche Mogador oder ähnlicher Flaschen mit hohem Renommee wie auch Preis. Und wenn sich nicht bald ein Opulenzia N° 2 findet, ist meine „Wunderflasche“ auch mit Ermita und Co. aufzuwiegen.

Man sollte also beim Kauf des Aldi-Priorats nicht anders rangehen, als beim Lottospielen.

Wissen, dass die meisten Gewinne Kleinstgewinne sind. Und dass es wie in jeder Lotterie auch Nieten gibt. Auf keinen Fall das ganze Geld verspielen, denn dann bleibt nichts mehr für die gute Anlagestrategie – Weine nachvollziehbarer, nicht anonymer Hersteller zu kaufen, die mit ihrer Hände Arbeit für eine zuverlässige Qualität stehen. Solche Erzeuger gibt es im Priorat zuhauf.

Man muss keine Priorat-Lotterie spielen.




7 Kommentare:

  1. Und was sagt der Weindeuter zum Wein ?

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  2. wird in Ruhe verkostet, man sieht ja auf dem Bild: die Flasche ist noch zu

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  3. Trotzdem natürlich ein Ding, diese Aromenbombe aus dem Aldiregal. Und dann als Solitär, naja. Die meisten "Normalkäufer" werden das ja gar nicht beurteilen können, was für eine Flasche sie erwischt haben.

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  4. Flaschenvarianzen sind möglich, gerade hier - wurde im Weinforum diskutiert, link im Text. Meine ist keine Wunderflasche...

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  5. Habe gestern eine Flasche verkostet. Und ich hatte offenbar Lotterie-Glück: Geschmacklich entsprach sie Opulenzia N° 1.

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  6. Wo denn gekauft ? und wirklich 97 P. für 4,99€ ?
    + schon ausgetrunken ? der Priorat Hammer würde glaub ich einiges dafür geben, seine "Wunderflasche" reproduzieren zu können...

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  7. Gekauft bei Aldi für 4,99 € im Rodenberg-Center, Dortmund-Aplerbeck. Die Flasche ist schon leer. Der Wein war einwandfrei. Mein Kollege sah das auch so.

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