19.03.2009

Bordeaux...


... schmeckt nur (und selbst dann nicht immer) teuer gut, ist was für konservative Weintrinker, die sich für Hierachien und Einteilungssysteme aus dem 19. Jh. begeistern können, für Weinadel und Weinbourgeoisie schwärmen. Das ist einfach das gewachsene Verdikt bei vielen, die in den letzten zehn Jahren zu Weinfreaks geworden sind - und die sich stattdessen den aromastarken, warmwürzigen Weinen z.Bsp. von der Rhone, dem Languedoc und dem Ribera etc. zugewendet haben. Im Weinhandel wurde entsprechendes immer breiter aufgestellt, gute Qualitäten ab 7€, ab 12€ geht da schon häufig "die Sonne auf"...

Bordeaux wurde derweil in den Spitzen immer teurer. Die Top crus über 500€ Fl., die aktuellen 2006er werden noch auf diesem Niveau angeboten (Mouton Rothschild für 595.-, Petrus für 73€ pro Schluck) Aber diese Preise geraten zur Zeit total unter Finanzkrisendruck und mit ihm das ganze kartellartige System der Bordeauxvermarktung mit ihren Maklern, Negociants und Importeuren. Die noch in den Gütern lagernden 07er und 08er lassen sich offenbar nicht mehr zu diesen irren Summen verkaufen. Hier und hier dazu etwas.
Bei Veranstaltungen von Karstadt-Wein (=Perfetto, das neue Feinschmeckerlabel von Karstadt) in Dortmund gab es die Gelegenheit einige aktuelle Bordeaux zw. 12€ und 100€ zu kosten. Überraschung: Schon der 2005er Ch. Pey la Tour (11,99€) zeigte in der Einstiegsklasse reife dunkle Frucht feine dichte Gerbstoffe. 2006er Belgrave auch erstaunlich üppig und "trinkbar", selbst 2006er Phelan Segur aus St. Estephe zugänglich, dicht mit viel Kaffeschmelz.
Die Marketingdirektorin von Phelan Segur mit dem schönen Namen Josianne Himmelberger brachte die Anstrenungen vieler Chateaus auf den Punkt: bessere Weine auch in schlechteren (Klima)jahren durch Fortschritte in Vinifikation und geändertes Weinbergsmanagement. Stichworte: dichterer Bewuchs, intelligente Entlaubung, Entfernung unreifer Traubenbüschel, Ernte reifer Trauben durch angepassten Leesezeitpunkt, Sortierung der Trauben auf Rütteltischen für getrennte Vinifizierung, sanfte Abbeerung, angepasste schonende Maischegärung.
Auch ohne chemo-technische Manipulationen zur Mostkonzentration wie Umkehrosmaose, Vakuumverdampfung etc. führt all dies zu auch schon jung sehr gut trinkbaren Weinen mit Befriedigungspotential, ohne dabei preislich völlig abzudrehen.

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