13.12.2012

Große Libanonprobe: Weinkönige aus dem Morgenland



In der Antike gehörte das Gebiet des heutigen Libanon zum historischen Kanaan, wo ja bekanntlich schon Jesus Wasser in Wein verwandelt hat. Man bewegt sich beim Verkosten sozusagen auf biblischem Boden.
Auf jeden Fall hat Weinbau im Libanon eine uralte Tradition, gekennzeichnet bis in unsere Zeit immer wieder durch außerordentliche Zeiten des Wachstums, aber auch durch empfindliche Rückschläge. 
Die Phönizier sorgten für den ersten großen Boom. Sie verbreiteten mit ihren Schiffen die reichhaltigen Weine der Levante im ganzen Mittelmeerraum, die ersten Weinhändler der Welt.
Während der langen muslimischen Herrschaft hielten Juden und Christen das Wissen um die Rebkultivierung aufrecht, die Weinproduktion wurde in geringem Umfang bis in die Neuzeit nach antiken Methoden betrieben.
Spannung kommt erst wieder Mitte des 19. Jh. durch die Franzosen ins Spiel. Unter ihrem Schutz wird die autonome Provinz Mont Liban ausgerufen, 1857 legen Jesuitenmönche den Grundstein für den neuzeitlichen Weinbau und gründen das Weingut Ksara, nach einer ehemaligen Festung aus der Zeit der Kreuzritter. 
Während der französischen Mandatszeit zwischen den Weltkriegen steigt die Nachfrage nach Wein, Beirut wird zum "Paris des Nahen Ostens". Es kommt zu umfangreichen Neupflanzungen, vorwiegend französische Rebsorten wie Cinsault, Carignan, Mourvèdre, Grenache, Merlot, Cabernet Sauvignon, Syrah, Sauvignon Blanc, Blanc, Sémillon und Chardonnay.
1930 gründete Gaston Hochar Château Musar, das legendäre Weingut, welches bis heute für den libanesischen Wein ein dickes Ausrufezeichen setzt und einen  Platz unter den Crus dieser Welt behaupten kann.
Erneuter Rückschlag dann durch den libanesischen Bürgerkrieg zwischen 1975 und 1990. Rebberge im Bekaatal wurden zerstört, der Weinbau kam beinahe zum Erliegen.
Wenn heute wieder von einer Renaissance des libanesischen Weinbaus die Rede sein kann, sprechen wir hier von einer Entwicklung der letzten 20 Jahre. Viel Geld wurde in die Modernisierung der Weingüter gepumpt, gleichzeitig gab es Neugründungen, z.T. innovative Boutique-Weingüter mit ausländischem Kapital und Beratung.
Im Jahr 2010 erzeugten im Libanon rund 40 Weingüter auf rund 30.000 ha etwa acht Millionen Flaschen, wobei die sechs größten Erzeuger (Château Ksara, Château Kefraya, Château Musar, Château St. Thomas, Domaine Wardy und Massaya) für 85% der Jahresproduktion verantwortlich sind. 

Doch nun zu den Weinen. Verkostet wurde in lockerer Runde, nach dem ersten Durchgang zu den Weinen sehr passend ergänzt durch würzig-feine Spezialitäten der libanesischen Küche im Restaurant Arabesque in Essen. Eines vorweg: Wer bei Wein und Libanon "heißgekochte" und plumpe  Gewächse voller Alkohol assoziiert liegt falsch. Die Tropfen profitieren in ihrer Gesamtaromatik von der ausgeprägten Höhenlage vieler Pflanzungen, z. T. bis in 1000 Meter Höhe. 






Clos St. Thomas Rosé Les Gourmet Rosé 2011 (Syrah, Petit Verdot, Cinsault 14% / 9€) Angenehmer Einstieg mit einem fruchtvollen, weichen Schluck, kein leichter Erfrischer, intensiver schmelziger Rosé. Der Rosé gibt die Richtung vor, Leichtgewichte sind hier nicht zu erwarten.

Altitudes Ixsir weiß 2010 (Muscat, Viognier, Sauvignon, Sémillon 13,5% / 12€) Schöne, leicht würzige Nase, Muskatnuß, voller Körper, kein leichtes Früchtchen. 

Clos St. Thomas Les Emirs 2008 (Cabernet Sauvignon, Syrah, Grenache 14% / ab 10€) Viel Duft im Glas, Aromen wie aus "Tausend und einer Nacht", Schokopraline, im Mund, dann weiche Gerbstoffe, hinten raus belebt etwas Säure, sehr gut.

Ixsir Altitudes 2009 (Cabernet Sauvignon, Syrah, Caladoc, Tempranillo 13,5% / ab 12€) Seidige Nase, gute Mischung aus Frucht und Würze, etwas Tabak, runde Sache ohne Übertreibungen, könnte auch ein moderner Schluck aus dem Languedoc oder aus Spanien sein. Neues Weingut mit interessanter Kellerarchitektur, moderne Aufmachung, hier hat man viel Geld in die Hand genommen und offenbar noch einiges vor. Die Önologie liegt in spanischen und französischen Händen.




Chateau St. Thomas 2007 (Cabernet Sauvignon, Syrah, Merlot 14% / 25€) Der große Bruder vom Emir, warme Fruchtnase, Vanille, Schoko, süße Weihnachtswürze im Glas, dicht, hat Länge, ein Gaumenpleaser. St. Thomas wurde 1990 gegründet, bis heute ein Familienbetrieb mit 65 ha, die Reben wachsen in Hanglage bis zu 1.300 m.




Kefraya "Les Breteches" 2009 (Cinsault, Cabernet Sauvignon, Syrah, Mourvèdre 13,5% / ab 10€) Leisere Töne, feine Nase `a la Bordelaise, kleine Beeren, frischer Mund, Süße-Säure Spiel mundwässernd, Top.

Ksara "Reserve de Convent" 2009 (Syrah, Cabernet Sauvignon, Cabernet Franc 13% /ab 9€) Wärmer, mehr Tabakwürze, spielt etwas mehr die exotische Klaviatur. Ksara ist DER Klassiker im Libanon, seit 1857 von Jesuiten aufgebaut, 1973 nach einer Entscheidung des Vatikan privatisiert. Großer Betrieb mit insges. 300 Hektar Rebfläche, stetig modernisiert. Liefert sich mit Kefraya stets ein Kopf-an-Kopf-Rennen. Auch bekannt für seinen Arak "Ksarak".




Chateau Kefraya 2008 (Cabernet-Sauvignon, Syrah, Carignan, Mourvèdre 13% ab 20€)  Hellduftig, Eleganz, luftig, superfein, erinnerte mich spontan an Musar, Topwein. (Verkostungen zum Musar hier und hier) Gegründet in den 1950er Jahren, mit viel Aufwand und französischer Hilfe, litt stark im Bürgerkrieg, in den Wirren der Kämpfe stürzte  ein syrischer Kampfjet mitten in die Rebberge.

Chateau Ksara 2006 (Cabernet Merlot Petit Verdot 13% / ab 20€) Hier ist Wumms drin, dunkel, Tausendundeinenacht, Sonne, Haremsdüfte, Verwöhner...



Ixzir Grand Reserve 2009 (Cabernet Sauvignon, Syrah, Caladoc, Tempranillo 13,5% / ab 20€) Der Wein gibt sich zunächst zugeknöpft, viel Gerbstoff, öffnet sich erst nach längerem Luftkontakt, zeigt dann seriöse Qualitäten mit viel Struktur. Man experimentiert hier noch, ändert den Rebsortenspiegel über die Jahrgänge. Details auf der sehenswerten Homepage.

Aurora 2010 Cabernet Franc (13,5% 28€) Waldboden, Trüffel, dunkle Früchte, ein Schluck mit Tiefe, sozusagen der Barolo der Verkostung - herrlicher Wein. Aurora ist eine Neugründung, nur 4000 Flaschen werden insgesamt pro Jahr auf 1,4 Hektar erzeugt. "Garagenwein" mit hohem Qualitätsanspruch.





St. Thomas Le Merlot "A" 2005 (ab 35€) Das Beste zum Schluß, ganz und gar dunkle Frucht, reichhaltig, viel süßer Kaffee, Kakao und Vanille, dabei aber noch viel Gerbstoffsubstanz vom Feinsten, hohe Konzentration, die sich dem Verkoster bereitwillig öffnet, großes Weinkino. War beim Mondial du Merlot 2012 in Lugano als Nr. 1 platziert als "Best Older Vintages Merlot"  (klick).






Weine von Libanon Feinkost
53129 Bonn Heinrich Körner Straße 11





4 Kommentare:

  1. Sehr schöner Bericht! Ich liebe libanesischen Wein! In der Phoenica Lounge habe ich schon sehr oft gegessen und getrunken! Hier kann man die Weine auch super für zuhause kaufen!!! :-)

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  2. Hier ist noch ein Bericht zur Phoencia Lounge in meinem Blog:
    http://www.kuechenjunge.com/2010/06/22/restaurant-phoenicia-lounge-in-bonn-libanese/

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  3. Ein Film zur Probe in der Phonicia Lounge hier:
    http://youtu.be/V_-3yXRCODg

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  4. Liebe Nutzer,

    in der Weinwelt waren Ars Gustandi und Detlef Rick ein ständig präsenter Begriff. Wer über die Weinmessen Europas ging, dem stand er stets mit Rat beiseite. Wer einen libanesischen Wein geniessen wollte, den hatte Detlef im deutschen Markt eingeführt. So sind viele Namen wie Aurora, Chateau Musar, Clos St. Thomas, Ixsir, Kefraya, Nakad, Ixsir, Qanafar stets mit Ars Gustandi als dem Importeur schlechthin verbunden. Auch viele kleinere Winzer in Spanien, Frankreich, Portugal fanden über ihn den Zugang zum deutshen Markt. Wer so einen besonderen Wein suchte, dem bot er exklusiv spezielle Marken.

    Doch nun ist Detlef von uns gegangen. Aber irgendwie soll es mit seinem Werk weitergehen. Und nun, nach dem Schock über seinen Tod und den zahlreichen Hürden danach, ist Ars Gustandi mit seinem Bruder Thilo Rick wieder präsent.

    Zwar ist noch vieles nicht geschafft, doch die Hoffnung einiger auf einen Ausverkauf seiner alten Raritäten sowie der Spezialitäten aus Ländern wie dem Libanon, Jordanien, Argentinien, Chile wird nicht erfüllt. Denn zum Glück hatte er auch Freunde, denen Ars Gustandi weiterhin am Herzen liegt.

    Die Kontakte zu den Weingütern im Libanon und in Jordanien sind neu geknüpft. Der Direktimport von Weinen aus dem Libanon ist wieder geregelt und zahlreiche Weine der libanesichen Weingüter Aurora, Chateau Musar, Clos St. Thomas, Ixsir, Kefraya, Nakad, Qanafar stehen für den Vertrieb in einem neuen Lager bereit. Auch sein neues Projekt des Direktimports von jordanischen Weinen wie Zumot soll weitergehen.

    Der Betrieb des alten Lagers in Kamp-Lintfort ist ebenfalls gesichert und die alten Jahrgänge und Weinraritäten werden so auch künftig erhältlich sein. Und im nächsten Jahr wird es -wie immer- neue Überraschungen geben.

    Vergessen Sie Ars Gustandi Detlef Rick als Direktnicht!

    Ihr

    Thilo Rick

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