28.06.2012

Zwei Portugiesen: Azamor aus dem Alentejo


Portugal, Land am Rande Europas. Leider viel zu kurz und schon einige Jahre her - eine Reise nach Lissabon. Unvergessliche Stadt, in der sich der Horizont nach Westen weitet, atlantische Stadt mit tiefer offener Seele. Seitdem mag ich sehr gerne Portugiesen im Glas, Weinvorlieben sind immer "gefühlig" by the way...
Portugal, natürlich auch ein Land mit eigenständiger Weinkultur. Die ist keineswegs nur ein Anhängsel des großen iberischen Bruders im Osten, sondern entwickelt nach langen Jahren der Abgeschiedenheit eigene Dynamik. So auch hier. Azamor im Alentejo ist mit 60.000 Flaschen p.A. ein mittelgroßer Betrieb, die Rebstöcke sind noch jung (gepflanzt 2001), beschäftigt wird ein australischer Önologe und man bemustert freundlicherweise auch deutsche Weinblogger mit seinen Erzeugnissen. So soll es sein...
  • Azamor 2008 (Syrah, Touriga Franca, Merlot, Alicante Bouschet, Trincadeira, Touriga Nacional, Petit Verdot  14,5% / 10€) Der "kleine" Azamor, ein ganzer Strauß an Rebsorten ist drin. In der Nase schön voll, ein beerendralles Früchtchen, intensiv-saftige Noten. Freunde eines guten Einsteigerzinfandel kommen hier auf ihre Kosten. Schöne Reifesüße, etwas Vanille, modern aber nicht aufgespritzt-marmeladig wirkend, eher der trinkig - süffige Stil. Am Gaumen trotz hohem Alkoholgehalt angenehm. Hielt sich gut über drei Tage. Gutes PLV.
  • Azamor Selected Vines 2007 (Syrah, Touriga Franca, TourigaNacional, Alicante Bouschet 14,5% / 20€) Der große Azamor, eine Auslesqualität mit mehr Syrah drin, längerer Faßausbau. Vom Charakter ähnlich, hat aber mehr Wumms und Dichte. Dunklere Noten, Zartbitterschoko. Im direkten Vergleich kam der frischere und saftigere Charakter des Kleinen besser an.

Lissabon...

19.06.2012

Maybach Riesling


Peter Mertes ist die größten deutsche Weinfabrik. Jedes Jahr stoßen die vollautomatischen Abfüllstraßen über 200 Mio. Liter Wein aus und überschwemmen die Supermarktregale zwischen Krün und Klixbüll. Es gibt eine Vielzahl von Linien und Etiketten. Manche Marketingidee mutet bizarr an, z. Bsp. die Bree Weine in ihren satinierten Designerflaschen ("Genuss in seiner schönsten Form – mit den BREE-Weinen kommt Design auf Ihren Tisch!").

Vor ein paar Tagen stand auswärts ein weiteres Highlight von Peter Mertes vor mir, ein Maybach Riesling 2010 (11%)Zitat: "Maybach - dieser Name steht für höchste Qualitätsansprüche. Nur speziell selektierte Rebsortenweine aus deutschen Anbaugebieten entlang des Rheins werden von uns mit dem Maybach-Siegel versehen und garantieren Ihnen so einen exzellenten Weingenuss. Die Winzer unserer Maybach Weine blicken dabei auf Jahrzehnte alte Weinbautraditionen zurück und haben sich so über viele Generationen das Wissen angeeignet, welches es bedarf um vollendete Weine wie unsere Maybach Weißweine zu kreieren."

Also ganz was Besonderes, exklusives. Zudem abgefüllt in satinierter Flasche mit doppeltem Scherenschnitt des Autokonstrukteurs drauf, Goldornamente. Im Glas nix Besonderes, schmal, leichte Bitternote, muß gut kalt sein und geht dann als leichte Erfrischung durch. Ist aber mit 5€ völlig überbezahlt. Eher ein Fall für einen lustigen Kommentar von Cordula Eich im nächsten Supershoppenschopper...


16.06.2012

Reichhaltig: Racknitz - Riesling von der Nahe


Mal warm, mal kühl - der Sommer kommt nicht so richtig in die Pötte. Deshalb wird z.Zt. bei den Weißen nicht nur aus dem Bereich "frisch+knackig" (klick hier) geöffnet, sondern auch serious stuff:

Louise von Racknitz-Adams und Matthias Adams sind im Weinbau an der Nahe noch relativ neu im Geschäft. Zwar ist das traditionsreiche Weingut schon seit 1753 im Familienbesitz, doch erst seit 2003 führen die beiden den Betrieb, durchaus zu neuen Qualitätsufern. Dazu gehört die Wiederbelebung alter Weinlagen wie Odernheimer Disibodenberg oder Schloßböckelheimer Königsfels, aus dem die Trauben für den verkosteten Riesling stammen. Apropos Riesling - man verzettelt sich hier nicht, die gesamte Produktion oberhalb der Gutsweine ist Riesling zu 100%. Die Einzellagen kosten zwischen 16€ und 29€, dies allerdings dann für die Niederhäuser Herrmannshöhle, die Toplage an der Nahe.
Zitat: Schloßböckelheimer Königsfels’, eine der besten Lagen der Nahe.Verschwand durch Verwahrlosung und Aufgabe in der Bedeutungslosigkeit. Das soll und wird sich ändern. Seit 2005 wird das einstmals bedeutende Grand Cru vom Weingut vom Racknitz regeneriert und bewirtschaftet. Auf seinen extrem steilen Porphyrböden stehen 40 Jahre alte Rieslingreben, die sich den Standort mit einem Biotop seltener Wildkräuter teilen, die dem Wein ein nach sommerlichen Wildkräutern duftendes Bukett vermitteln.
Der Königsfels kommt in herrlichem Goldton aus der Flasche, sehr offen in der Nase, reiche Aprikosenfrucht, erste Reife andeutend. Im Mund fordernde Dichte, cremige Frucht, würziger Kern. Ist zwar kein schneller Terrassenschlotzer, entwickelt aber durch seine saftige Art sehr schön animierenden Trinkfluß - die Flasche war überraschend schnell leer...

Von Racknitz Weine mit Anwesenheit der Winzer auch bei der großen Deutschland Probe in der Weinzeche in Essen am Samstag 23.Juni

08.06.2012

Hambacher (Weißwein)Fest: Weingut Naegele



Das Wetter ist wechselhaft, die Weine müssen daher ständig angepasst werden. Mühsam, aber das ermöglicht abwechslungsreiche Proben.
Der Mai war ja heiß, welche Weine haben den Weindeuter durch den Wonnemonat begleitet und an warmen Tagen für innere Abkühlung gesorgt ? Nun, das war (auch) eine Kollektion von erfrischend-knackigen Weißen vom Weingut Naegele aus dem traditionsreichen Hambach in der Pfalz. Da hatte mir vor kurzem ja schon der Frühlingsbote (Müller-Thurgau) gefallen. Wie überaus freundlich und im Ergebnis dann ein Glücksfall, daß mir Ralf Bonnet, der den Traditionsbetrieb zu Füßen des Hambacher Schlosses heute leitet, einen ganze Karton mit knackig-frischen Weißen zur Verkostung ins Haus geschickt hat. Und weil das keine Keller- sondern Kühlschrankweine sind, wurden sie alle in dichter Taktung hintereinander aufgezogen.

Wie viele Familienweingüter in Deutschland wird auch hier mit allerlei Rebsorten gewerkelt. Dennoch präsentiert sich das Programm klar strukturiert, oberhalb der Schoppenweine und unterhalb der Einzellagen gibt es eine Rebsortenlinie. Es sind dies natürlich keine raffiniert spontanvergorenen Charakterköpfe für Weinesoteriker, sondern in Aromatik und Aufmachung modern gemachte Weine mit klarer Stilistik. Die jeweilige Sortentypizität ist gut herausgearbeitet, präsentiert sich aber ohne Übertreibungen. Der Schwerpunkt liegt bei allen auf knackig-frischer Frucht, schon in der lustmachenden Nase, Reintönigkeit und nicht zuletzt guter Bekömmlichkeit mit moderatem Alkoholgehalt. Natürlich ist auch der neue Trend Sauvignon-Blanc dabei, der Silvaner hat etwas mehr Bass im Trunk, der Riesling kommt limettenfrisch mit anregendem Süße-Säure Spiel.