28.02.2013

Südfrankreich - mal zart statt hart...



Der Winter dauert an, er ist angeblich der dunkelste seit Beginn der regelmäßigen Sonnenscheinaufzeichnungen vor über 60 Jahren. Aber alles Klagen hilft nix, man kanns ja ohnehin nicht ändern. Um wenigstens die innere Gemütsverfassung etwas aufzuhellen, bietet sich der Genuß guter Weine an. So kam nach der spanischen "Buttercremetorte" ein weiterer Roter ins Glas. Der präsentierte sich aber in gänzlich anderer Charakteristik.

Jones Rouge 2011 Domaine Jones (Grenache 95%, Carignan 5% / 14,5% / 16€) Katie Jones ist quasi als Neuwinzerin in Südfrankreich tätig. Sie war 17 Jahre für Weinexport und Marketing der großen Mont-Tauch Kooperative zuständig. Die kontrolliert mehr als 50% der gesamten Produktion der gesamten AOC Fitou: 15 Millionen Flaschen Wein per Annum ! Weinbauern, die ihren Rebberg aufgeben wollen oder altersbedingt müssen, gibt es da natürlich immer wieder. Bei 2.7 Hektar, ganz in der Nähe der alten Katahrerfestung Queribus, griff Katie Jones zu. Die Parzellen waren nämlich bestockt mit bis zu 70 Jahre alten Grenachereben. Katie gab ihren sicheren Job im Sommer 2009 auf, im Herbst arbeitete die Domaine Jones schon an ihrem ersten Jahrgang. Seitdem wird in Tuchan in einer kleinen Steingarage im Mikrostil vinifiziert. Der Ort liegt im Bereich der AOC Fitou. Da Katies Trauben jedoch vor allem drüben in der AOC Maury und damit schon im Roussillon wachsen, wird der Wein nicht als Fitou, sondern als IGP Cotes Catalanes deklariert.
Und wie schmeckt er? Nun, Katie Jones schafft es, die Intensität des Südens mit einer gewissen Finesse und Leichtigkeit zu verbinden. Sie sind Musterexemplare des neuen Südstils, wie sie zum Beispiel auch Thomas Teibert mit seiner Domaine Horizon macht. So merkt man dem verkosteten Jones Rouge seine (oder sollte man besser sagen ihre?) 14,5% Alkohol überhaupt nicht an. Im Glas kein Fett, kein barocker Mund- und Backenfüller, sondern ein beinahe kühl wirkendes Konzentrat voller Spannung, minimaler Holzeinsatz. Keine überreife Süße, sehr frisch, es dominiert  die reine  Frucht, Top.

Katie Jones und ihre Weine sind auch in diesem Jahr wieder bei der großen von der Rolf Kaspar GmbH veranstalteten Kulturweinmesse auf der Zeche Zollverein dabei. Für Details bitte hier klicken.







25.02.2013

Le Galantin 2004 - Bandol ist toll...

Blick aufs Meer, der Duft des Südens in der Nase...

Der Winter geht in die Verlängerung, auch Ende Februar sind noch keine Frühlingsboten in Sicht. Was bleibt einem da anderes übrig, als in den Keller zu steigen und sich etwas Wärmendes hochzuholen. Ins Glas damit, auf dass der Geist sich aufhelle...
Die Wahl fiel auf eine Flasche, die schon durch Aufmachung und Herkunft Erinnerungen an viele schöne Sommertage im warmen Süden weckte, ein Bandol. Inmitten des Rosé-Sees in der Provence ist dies eine kleine AOC mit absolut hochklassigen Roten, bei deutschen Weinfreunden immer noch zu wenig beachtet und unterbewertet. Eine liebliche Hügellandschaft, urige Dörfer, Blicke aufs Meer, und Weinberge voller Mourvèdre. Die dickschalige und spät reifende Sorte gibt sich jung gern etwas zickig und spröde. Da wissen die fruchtweichen Weine, die ringsum im Süden Frankreichs auf Basis von Grenache/Syrah erzeugt werden, in ihrer Jugend oft besser zu gefallen. Bandol braucht also Zeit, die Weine profitieren sehr von Alterung. Zudem sind Bandols keine aufgespritzten Bodybuilder, keine plumpen Begeisterer. In der überschaubaren Appellation gibt es keinen zugespitzten Streit zwischen Bewahrern und Erneuerern, man bemüht sich durchweg um seriöse Qualitäten. Sicher gibt es Unterschiede in Qualität und Lagenpotential. Einige Erzeuger setzen auf Einzellagen, da geht es dann auch ins Geld. Doch selbst da bleibt es noch unterhalb von dem, was z. Bsp. heute für Top-Gigondas, geschweige denn für die Spitzen in Chateauneuf aufgerufen wird. Die regulären Gutsweine bleiben unter 20€ und das ist für solch einen Cru ein gutes PL - Verhältnis.

La Galantin Bandol 2004 Domaine Galantin (14,5 %/16€) Der Galantin (95% Mourvèdre) präsentiert sich im 9ten Jahr jetzt in wunderbarer Verfassung. In der Nase offen, er lädt ein, sich ohne Vorbehalte zu nähern. Duftig, feiner Tabakrauch, der mit reifen Waldbeeren und kandierten Veilchen aromatisiert wurde. Im Mund setzt sich das fort, noch sehr viel Frucht, auch Frische, samtig, milde holländische Lakritze mit der feinen Süße von englischem Weingummi, reichhaltig mundfüllend, viel Wärme gebend. Hat Kraft, hält aber auch genug Delikatesse bereit. Dies ist ein Südwein auch für Bordeauxtrinker. - Top.





20.02.2013

Buttercremetorten...



...sind in der Weinszene ja zur Zeit nicht gerade angesagt. Ja, der Genuß von dunkelroten, satten Fruchtbomben scheint geradezu verpönt. Freunde dieser Machart sehen sich stigmatisiert als Anhänger eines überholten Weinstils aus dem letzten Jahrhundert. Aber nicht jeder will dauernd "finessenreiche Kälte" (C.C.) und würzige Mineralik mit wenig Alkohol. Auch im fine-wine Bereich gibt weiterhin viele, die im Glas statt Twiggy gerne auch mal einen schöne Miss Piggy haben möchten. Vielleicht ist das sogar die schweigende Mehrheit? Für diese jetzt mal ein Muster dieser Gattung. Es kam zum Karneval ins Glas, kurz vor Beginn der Fastenzeit...

Locations E 2011 Orin Swift Cellars (14,5% / 19€) Hier ist nix mit Terroir, es handelt sich um eine Cuvée aus "selektionierten Trauben aus den besten Weinregionen Spanien", wie es heißt. Drin sind tatsächlich Grenache aus dem Priorat, Tempranillo aus der Rioja und Carignan aus dem Ribera del Duero. Verbindenes Element ist das große E, man könnte es auch als Länderkennzeichen aufs Auto kleben.
Hinter Orin Swift steht Dave Phinney. In Kalifornien macht er seit einigen Jahren Weine, die in ihrer Aromatik nicht gerade durch Schüchternheit auffallen. The Prisoner, Saldo und Papillon sind hochkonzentrierte reifesüße Alkoholbomben (klick hier + hier). Erstes Projekt in Europa ist der D66 im Roussillon, auch der ist ein ziemliches Geschütz im Glas (hier verkostet). Und auch der E passt in diese Reihe, der Californication - Stil ist unverkennbar. 
Enorme Flasche, sehr viel Glas, schwer, tiefer Boden. Steht blickdicht im Glas, reife satte Fruchtnase, im Mund dann der Schmelz reifer Tannine, dunkelbeerige Fruchtsüße. Mon Cheri Kirsche, das volle Programm.
Wie gesagt, nichts für Mineraliktrinker. Die müssen ja auch nicht zugreifen. Doch bitte ein Appell an die Toleranz - laßt uns auch solche Rotweinbömbchen weiterhin genießen...




04.02.2013

Hugenpoet Rundgang 2013



Anders als der Betriebsname Vino Grande vermuten läßt, ist das Ladengeschäft von Thomas Kierdorf in Essen-Rüttenscheid eher klein, verkostet wird in einem gemütlichen Hinterzimmer. Viel Stammkundschaft trifft sich da, Leute mit "Weinabitur" und elaboriertem Geschmack. Das Motto ist hier klein aber fein.
Einmal im Jahr, im kalten Januar, verlagert sich aber das Geschehen, dann gibt es wirklich Vino Grande. Im Schloßhotel Hugenpoet, einer edlen von Wassergräben umsäumten Anlage in den Ruhrauen zwischen Essen Kettwig und Mülheim, inszeniert Kierdorf seine Hausmesse. Das ist jedesmal großes Weinkino, die Veranstaltung ist das Gegenteil von Beliebigkeit. Man will es hier nicht jedem recht machen. Wer auf der Suche ist nach Bordeaux, Burgund oder dem neuesten "Parker-Spanier" für 7€ oder gar Übeersee ist hier falsch, das kommt alles nicht vor.
Den Schwerpunkt der Qualitäts- und Geschmacksvorstellungen von Thomas Kierdorf bilden deutsche Rieslinge und Weine aus Österreich, dazu etwas Iberien und Südfrankreich. Eine solche Ausrichtung mit deutlicher Handschrift ist nicht ohne Risiko. Die Weine müßen erklärt werden, lautes Anpreisen, Schnäppchenangebote, Prahlerei mit Punkten und dergleichen passen hier nicht ins Konzept. Doch auch vornehmes Undersatement mobilisiert die Fans, wenngleich mir in diesem Jahr mehr Platz in den Räumen und an den Probentischen zu sein schien...


Hugenpoet: Genießer und Weindeuter (links) mit Rolli und Zaltoglas...

36 Weingüter mit 250 offenen Flaschen verteilten sich in den ehrwürdigen Salons des Hauses, Drinkers Paradise. Alles probieren geht natürlich nicht, hier ein paar Schlaglichter des Rundgangs, ohne jeglichen Anspruch auf Vollständigkeit. Zunächst Rieslingklassik von Mosel/Saar und weiteren Weißweinwonnen...

Van Volxem gewohnt stark, Dominik Völk präsentiert 2011 Scharzhofberger und 2011 Altenberg Alte Reben: Herrliche Verbindung von reichhaltiger, cremiger und gaumenfrischer Frucht und solidem Schieferfundament. Top.
Gegenüber Clemens Busch, die Pündericher zeigen die verschiedenen 2011er aus ihrer Toplage Marienburg. Anderer Stil, kompromisslos trocken, pure Mineralik, druckvoll, männliche Mundfüller, brauchen Zeit.
Leichter und im Kontrast fast erholsam kommt danach Heymann-Löwenstein in die aufnahmebereiten Gläser. Röttgen und Uhlen scheinen ganz von der weichen, sehr zugänglichen Frucht getragen.
Großes Tennis dann aus der Pfalz, aus Deidesheim. Stephan Attmann (Von Winning) erklärt intensiv, schenkt freudig ein und alles schmeckt einfach enorm gut. 2011er Langenmorgen und Pechstein sind Rieslinge am Anschlag, volle Konzentration, saftige Frucht, viel Exotik drin, mitreißend, Lustmacher pur. Überraschung dann die Sauvignon-Blancs. Eine Mode in der Pfalz? Egal, die drei Sauvignons I, II und 500 sind sensationell, werden hier nochmal gesondert vorgestellt...
Fehlt noch Chardonnay. Und da steht natürlich wieder Karlheinz Milch aus Monsheim aus Rheinhessen bereit, der sich auf diese Rebsorte spezialisiert hat. Ein eher ruhiger Winzer, er läßt seine Weine für sich sprechen. Und die befriedigen sehr, vom Einsteiger Kalkstein für unter 8€ über den Blauarsch bis zum XXL für 25€. Die müßte man mal direkt gegen Burgund stellen...



Im Obergeschoß geht es ohne Umschweife zu Terroir al Limit, Priorat extrem. Preislich, wie auch aromatisch sind diese Weine nicht unumstritten. Torsten Hammer ("The Priorat-Guide") beklagte sich bei einer früheren Verkostung mal über allzu knapp bemessene Probenschlückchen von Dominik Huber, die ein reguläres Verkosten kaum zuliessen. Aber auch jenseits solcher Anekdoten polarisieren diese Weine die Prioratgemeinde. Man strebt hier Finesse an. Die auf den Schieferböden des Priorat intensiv-kräftige Grenache wird gebändigt, sozusagen "burgundisiert". 
Wiederum ein Kontrast dann die Weine der Domaine Horizon aus dem Roussillon, neu im Programm bei Vino Grande. Thomas Teibert ist ein barock-salopper Typ mit roter Hose und Hosenträger und macht Wein im Hinterland von Perpignan. Irgendwie fällt mir da sofort Gerard Gauby ein. Der kommt ja auch aus Calce und sieht auf Fotos immer ähnlich aus. Und tatsächlich gibt es eine, sogar sehr enge Verbindung: Teibert und die Tochter von Gauby haben ein gemeinsames Kind...



Nun, die Teibertschen Reben haben Meerblick, deshalb der "Horizont." Preislich sind die Weine nicht schüchtern kalkuliert, schon der rote Einsteiger Esprit de l ´Horizon kostet 19,50€. Für den Domaine de l ´Horizon werden 33€ fällig. Beide sind aber top, der neue Südstil ohne Überkonzentration, haben delikate Frucht, trotzdem natürlich genug satte Sinnlichkeit und Schmelz, sehr gut.

Dann Österreich, ein Schwerpunkt von Thomas Kierdorf. Dorli Muhr und Fritz Wieninger nebst ihren Weinen glänzten diesmal durch Abwesenheit. Eine feste Größe auf Hugenpoet ist aber Margarethe Triebaumer. Ihr Ried Mariental (2010) repräsentiert den sehr straighten Blaufränkisch-Stil. Der erfährt seine Klasse durch fokussierte kühle Frucht und Mineralik, wenig Holz, großer Wein für Medoc-Freaks. Mehr Wonne und Wärme dann bei Hans Nittnaus, auch aus dem Burgenland. Der Erfinder des Pannobile-Konzepts schenkte seinen 2010er Pannobile allerdings aus halben Flaschen aus, die reguläre Größe ist ausverkauft. Satte Kirsche, Vanille, reichhaltig, Top-Wein.

Eine Legende zum Schluß, im roten Salon präsentieren in absolut bescheidener Weise René Barbier und seine Frau Isabelle ihre Flaschen. Auch wer vom Priorat keine Ahnung hat - Clos Mogador kennt jeder. Einer der Begründer des neuen Priorat, Trendsetzer und bis heute Qualitätsmotor für die Region. Clos Mogador 2010 aber auch ´05er und ´08er Manyetes zeigten Größe, reichhaltige, dunkle Weine mit Tiefgang.



Was noch? Der Rest ist Schweigen. Sicher kamen noch einige weitere mouth-pleaser ins Glas. Aber unter uns, Hugenpoet ist auch mal einfach sinnlicher Genuß, ohne dauernde Analyse und Verkostungsnotizen. Besser als hier retrospektiv nachzulesen ist auf jeden Fall ein wirklicher Besuch. Nächste Chance also Januar 2014...

Zur Hugenpoet Probe auch hier bei Genußbereit (klick)








Hier die komplette Winzerliste


Sekthaus Raumland, Flörsheim-Dalsheim, Rheinhessen
Weingut Schloss Lieser, Lieser, Mosel
Weingut Pauly, Lieser, Mosel
Weingut Markus Molitor, Zeltingen, Mosel
Weingut Heymann-Löwenstein, Winningen, Mosel
Weingut Van Volxem, Wiltingen, Saar
Weingut Forstmeister Geltz-Zilliken, Saarburg, Saar
Weingut Hermann Dönnhoff, Oberhausen an der Nahe
Weingut Johann Baptist Schäfer, Burg Layen, Nahe
Weingut Battenfeld-Spanier, Hohen-Sülzen, Rheinhessen
Weingut Kühling-Gillot, Bodenheim, Rheinhessen
Weingut Wittmann, Westhofen, Rheinhessen
Weingut Milch, Monsheim, Rheinhessen
Weingut Von Winning, Deidesheim, Pfalz
Weingut Jürgen Leiner, Ilbesheim, Pfalz
Weingut Zehnthof - Luckert, Sulzfeld, Franken
Weingut Schloss Gobelsburg, Gobelsburg, Kamptal
Weingut Kurt Angerer, Lengenfeld, Kamptal
Weingut Franz Proidl, Senftenberg, Kremstal
Weingut Knoll, Dürnstein, Wachau
Weingut Anita & Hans Nittnaus, Gols, Burgenland
Weingut Kollwentz, Großhöflein, Burgenland
Weingut Wenzel, Rust, Neusiedlersee
Weingut Ernst Triebaumer, Rust, Neusiedlersee
De Sousa & Fils, Avize, Champagne
Domaine de l´Horizon, Calce, Roussillon
Domaine Matassa, Calce, Roussillon
Celler de Capçanes, Capçanes, Montsant
Cava Gramona, Sant Sadurní d'Anoia, Penedes
Clos Mogador, Grattalops, Priorat
Terroir al Limit, Torroja del Priorat
Azienda Agricola Vigna Rionda di Massolino, Serralunga d´ Alba, Piemont
Marchesi Mazzei, Castellina in Chianti, Toscana
Niepoort Vinhos, Quinta de Napoles, Douro
Obstkellerei van Nahmen, Hamminkeln, Niederrhein