29.11.2012

Weinmenü in der Siedlerklause



Köche sollen ja bei den Berufsgenossenschaften zur Risikogruppe 1 gehören. Nicht wegen des Feuers am Herd oder dem Hantieren mit scharfen Messern, sondern wegen Stress, häufig in Verbindung mit Alkohol. Das Risiko eines Herzinfarktes ist sehr groß. Es gibt angeblich eine Statistik, nach der ein Chefkoch eine Lebenserwartung von 56 Jahren hat. Zudem die Arbeitszeiten - schuften, wenn andere feiern.
Jan Möllmann aus Dortmund hat sich seinen Kochjob zum Glück etwas anders eingerichtet. Er betreibt in seiner Siedlerklause kein reguläres Restaurant mit festen Öffnungszeiten und Speisekarte. Bei ihm wird "gegessen, was auf den Tisch kommt", nach vorheriger Anmeldung. Seine Menüabende im verschlafenen Vorort Brechten im Norden von Dortmund haben mittlerweile Kultstatus unter Feinschmeckern im Ruhrgebiet.
Ein vorweihnachtliches Gänseessen, in Kooperation mit dem Mövenpick Weinkeller Dortmund, eröffnete kulinarische Einblicke...



Jan Möllman in Aktion, alles liegt in der kleinen  Küche der Siedlerklause in seinen Händen. Hier letzte Vorbereitungen für die...


...Blutwurst auf Apfel-Kartoffel-Plätzchen mit Kumquatzkonfitüre, dazu ein volles Glas Pol Roger. Der Schampus wurde schon bei der Hochzeit von Prinz William und Kate serviert. Deftig trifft edel - das passt...


Dann zur intensiv-würzigen Fleischbrühe mit Pfannkuchenstreifen der knacketrockene Sherry Fino Solera Reserva von Lustau, anregende Kombination.


Bettina Hess, Geschäftsführerin Mövenpick Weinkeller Dortmund, stellt zwei Weiße vor: Chateau Guiraud 2011, der "trockene" Weiße aus dem bekannten Weingut im Sauternes. Sauvignon Blanc und Semillon spielen hier für vergleichsweise kleines Geld groß auf. Alles eher auf der frischen Seite, ist aber (auch mit 13,5% Alc.) kein Leichtgewicht, hat genügend würziges Fundament. Chassagne Montrachet Domaine Morey 2008 ist dann im Kontrast, wie nicht anders zu erwarten, reichhaltiger, wärmer, weicher. Schöne elegante Chardonnayerscheinung, leichte Vanille, reife Birne - Top.


White Wine with the fish: Gedünsteter Seesaibling im Basilikumschaum.


Zur Gressingham Gans, die Kruste kross, das Fleisch zart,saftig, mürbe, folgen dann...


...zwei Rote. Wieder ein schöner Kontrast, die Auswahl bleibt hier "deutschsprachig": Der Ziereisen Jaspis Pinot 2007 aus dem Markgräfler Land "pinotiert" recht deutsch, beeindruckt in der Nase mit zartem Rauch und süßer Kirsche, behält dann aber am Gaumen luftige Feinheit, offene Gerbstoffe, beinahe weich, hoher Trinkfluß. Kräftiger zur Sache geht da der Österreicher, Jois Blaufränkisch 2008 vom Scheiblhof im Burgenland. Hier geht es um reife schwarzbeerige Frucht, Holz, Schokotöne. Ein moderner Vertreter aus Österreichs wärmster Ecke. 


Schließlich wird es süß. Einmal Schloß Lieser Riesling Auslese 2006 von der Mosel und aus der Schweiz 2006er Vintage Zürcher Likörwein der Staatskellerei Zürich.


Wieder ein schon ausgesuchtes Kontrastprogramm. Beides sehr angenehm und natürlich Geschmackssache, für mich war aber hier zur kräftig-konzentrierten Lebkuchenmousse der "Portwein" aus der  Schweiz mit seinen weihnachtlichen Aromen von Nuß, Rumtopf und Trockenfrüchten der Favorit.


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24.11.2012

"Große Weine der Welt" im MöPi Dortmund



Muß man eigentlich immer alles analysieren? Immer alles gedanklich zerteilen, kategorisieren, bepunkten, Hirachien bilden, Werturteile abgeben? Gerade Genußmenschen sind für sowas anfällig, wie man an den Diskussionen um die aktuellen Editionen der Fress- und Weinführer ablesen kann.
Solcherart Gedanken kamen mir im Dortmunder Mövenpick angesichts der Probe "Große Weine der Welt". Diese Flaschen versprachen Wesentliches. Und Wesentliches spürt und genießt man, man analysiert es nicht, so ein Diktum, welches mir sehr sympathisch ist. Aber so einfach ist es ja auch wieder nicht, die reine Emotion hat es in der Praxis schwer. Zumindest wenn sich eine solch große Bandbreite an Premiumweinen vor dem Verkoster aufbaut. Wobei Premium beim Wein ja auch schon wieder ein durch bereits getroffene Wertungen vordefinierter Kanon ist.
Wie auch immer, man kann dem nicht entrinnen, also sinnvoll vorgehen. Die Gelegenheit nutzend, wurden einige Weine parallel verkostet.

Zunächst einige Cabernets:
  • Ducru-Beaucaillou 2009
  • Pichon-Longueville Baron 2009
  • Opus One 2009
  • Latour 2006
Im Vergleich zum Ducru kam der Pichon überraschend mild daher, offen wirkend. In der (männlich besetzten) Verkosterrunde lag der Ducru mit seiner intensiv-druckvolleren Art vorne. Der Opus, zuvor noch solo verkostet sehr "a la bordelais", konnte den California-Style dann doch nicht verbergen - warum auch. Die weiche, süßliche Frucht und Fülle kam durch und stand Top im Glas.
Dann Latour, noble Dichte, poliertes Edelholz, komplett, Sieger der Runde.



Dann dreimal Syrah:
  • Ziereisen Syrah Jaspis 2008
  • Negly Clos Truffiers 2008 
  • Guigal Côte-Rôti La Turque 2002
Eine gewagte Zusammenstellung, natürlich überhaupt nicht so homogen wie der Cabernetflight.
Ziereisen gibt dem Jaspis eine kräftige Röstnote mit, darunter liegt reichlich offene Frucht. Der Wein wirkt duftig, luftig, leicht vor allem dann, wenn man den Negly an die Nase nimmt. Eine dunkle Suppe, in der so einiges wabert. Auch durchaus befremdliche Noten, so nehmen einige einen unangenehmen Buttermilchtouch war, ein Preis der überreif gelesenen Frucht? Mir hat der Truffiers jedenfalls schon mal besser geschmeckt. Beim La Turque dann das Urteil: "Endlich Wein". Reintönig, fokussiert, Konzentration, eine klare Straße ins Offene...

Der Rest hier als kleine Bilderschau, alle Fotos Dirk Vogel/Dortmund
Die komplette Probenliste ist hier / klick



Burgund wurde zwar freundlich offeriert, vom Weindeuter aber diesmal ausgelassen


Jaspis - läuft...



Rodrigo Plass von Vina Errazuriz präsentiert Spitzen des chilenischen Weinguts, darunter Don Maximiano und den 2001er Chadwick
Bei den Weißen brachte Egon Müllers Scharzhofberger SL 2010 mit seinem duftig-leichten, aber trotzdem intensiven Süß-Säure-Spiel Erholung an die rotweingestressten Gaumen



Weindeuter schnüffelt

Bettina Hess, Geschäftsführerin Mövenpick Dortmund...

...brachte die Probenkarte zurück nach Dortmund

Um den 220€ Barolo Castello Luigi 2008 kam eine Diskussion auf: Kork oder kein Kork? Die Mövenpick - Experten sagten nein...


Claudia Kaschinski mit ihrem herrlichen Käse...

...bereichert seit einiger Zeit die Proben im Dortmunder Mövenpick


20.11.2012

Genug gelegen, jetzt wird getrunken (5): ´87er Rioja




Valserrano Gran Reserva 1987 Rioja (12,5% / 24€ aktueller Jg.2004) Klassisches Spanien - ein Tempranillo mit langer Faß- und Flaschenreife. Die Gran Reservas kommen ja eigentlich schon ab Bodega trinkreif beim Konsumenten an, vertragen in der Regel aber auch noch eine weitere Aufbewahrung recht gut. Den hier hatte ich schon länger, er ist allein dreimal mit mir umgezogen. Doch keine Sentimentalitäten, im Rahmen des Boskop-Weinkurses wurde er kurzerhand aufgezogen.
Korken noch sehr gut, fest und nur im unteren Drittel etwas vollgesogen. Farbe hell, transparent, orangefarben am Rand. In der Nase fein, schwebend, offen, Zimtnote, weihnachtliche Orange, für den Duft gab es in der Student/innen- Runde allgemeine Zustimmung. Der Gaumeneindruck wurde dann kontrovers beurteilt. Einigen gefiel die zart-reife Anmutung ohne Gerbstoffe gut, anderen war das Mundgefühl zu dünn, gar wässrig.


08.11.2012

Große Weine der Welt in Dortmund



Große Weine der Welt am 16. November von 14.00 bis 20.00 im Mövenpick Weinkeller in Dortmund - und die Probenkarte ist zurück...


Vorab und exklusiv hier beim Weindeuter die Probenliste. Wie man sieht, es sind einige Heißteilchen dabei. Vorne steht, ganz in klassischer Manier, einiges aus dem Bordelais. Die Verkostung des Ducru-Beaucaillou 2009 mit seinen 100 PP. drängt sich förmlich auf.
Auch Burgunderfans dürften auf ihre Kosten kommen. Beinahe zwingend dann zwei Syrahlegenden, wie sie gegensätzlicher nicht sein können: Einmal Guigals La Turque von der nördlichen Rhone und Neglys hochkonzentrierter, opulent-barocker Clos des Truffiers vom Mittelmeer.
Italien lockt natürlich mit Piemont und Toskana, Viettis Barolo Riserva 2004 ist eine Ansage.
Dann zweimal Ribera del Duero, mit dem Vega Sicilia Unico Gran Reserva 1999 zeigt sich der Inbegriff des klassischen Spanien, der Janus markiert den Aufbruch der achtziger Jahre.
Bei Österreich und Deutschland konzentriert man sich auf edle Weiße aus Grünem Veltliner und Riesling (Egon Müller Scharzhofberger SL 2010!!) - mit einer Ausnahme: Der Ziereisen Jaspis 2008 muß allein die Rote Fahne für Deutschland hochhalten und bringt eine weitere Syrah-Facette ins Spiel...
Schweizer dürfen bei Mövenpick natürlich nicht fehlen, gespannt bin ich auf den 2008 Castello Luigi, ein 100% Merlot aus dem Tessin von dem es heißt, er sei ein  "Monsterchen" und er könne in einer "mondialen Merlot-Blindprobe" bestehen...
Schließlich noch dreimal "Übersee", wie es immer noch oft genannt wird, darunter die Chance, mal einen Grange vor die Flinte zu bekommen.



Land
Erzeuger
Fl.
Gl.

Frankreich/BDX
Latour 2006
580 €
40€
95 Parker
Frankreich/BDX
Pichon-Longueville Baron 2009
175 €
12 €
95 Parker
Frankreich/BDX
Montrose 2004
82 €
6 €
92 WS
Frankreich/BDX
Ducru-Beaucaillou 2009
289 €
20 €
100 Parker
Frankreich/BDX
Beauséjour Duffau-Lagarosse 2005
93 €
7 €
92-94 WS
Frankreich/BGN
Ente Puligny-M. Folatières 2012
95 €
7 €
92 Parker
Frankreich/BGN
Prieur Musigny 2009
240 €
17 €
19 WW
Frankreich/BGN
Méo-Camuzet Clos Vougeot 2004
140 €
10 €
93 WS
Frankreich/Rhône
Caillou CH9 Reserve 2006
82 €
6 €
93 Parker
Frankreich/Rhône
Guigal Côte-Rôti La Turque 2002
143 €
10 €
94 WS
Frankreich/Midi
Clos Truffiers 2008
90 €
6 €
92-93 Parker
Frankreich/
Champagne
Deutz Cuvée William Deutz 1998
108 €
8 €
3 Sterne Hachette
Frankreich/
Champagne
Bruno Paillard NPU 1995
140 €
10 €
93 Tanzer
Italien/Piemont
Giacosa Barbaresco Rabajà 2005
89€ SP
6 €
94+ Parker
Italien/Piemont
Villero Vietti Barolo Riserva 2004
220 €
15 €
96 Parker
Italien/Toskana
Brunello Luce 2005
78 €
5 €
93 WS
Italien/Toskana
Giramonte 2006
69,50 €
5 €
97 WS
Spanien
Pesquera Res. Janus 2003
108 €
8 €
94 ST
Spanien
Vega Sicilia Unico Gran Reserva 1999
219€ SP
16 €
96 Parker
Österreich
Pichler Gr.V. Steinertal 2011
38 €
3 €
94 Falstaff
Österreich
Hirtzberger Gr. V.Honivogl Samaragd 2011
49 €
2 €
97 Falstaff
Deutschland/
Baden
Ziereisen Syrah Jaspis 2008
52 €
4 €
92 Gault Millau
Deutschland/
Baden
Huber GG Heckl.Schlossberg 2007
50 €
4 €
94 Gault Millau
Deutschland/
Mosel
Egon Müller Scharzhofberger SL 2010
75 €
6 €
96 Gault Millau
Deutschland/
Nahe
Emrich-Schönleber Halenberg GG 2012
39 €
3 €
95 Parker
Deutschland/
Nahe
Dönnhoff Dellchen GG 2008
33,50 €
2 €
92 Eichelmann
Deutschland/
Pfalz
Rebholz Ganz-Horn Sonnen. 2009
36,50 €
2 €
92 Parker
Deutschland/Rheingau
Weil Kiedr. Gräfenberg GG 2011
40 €
3 €

Deutschland/
Rheinhessen
Kühling-Gillot GG Pettenthal
36,50 €
2 €
90 Gault Millau
Deutschland/
Rheinhessen
Wittmann TBA Scheurebe (0,375) 2003
48 €
3 €

Schweiz
Castello Luigi 2008
90 €
6 €
19 Gabriel
Schweiz
Tête de Cru SKZ 2006
48 €
3 €
18/20 Score
USA/
Kalifornien
Caymus Special Selection 1998
155 €
11 €
91 WS
Chile
Almaviva 2009
89 €
6 €
93 Tanzer
Australien
Grange 1999
275 €
20 €
94 WS

Zusätzlich wird Rodrigo Plass von Vina Errazuriz kommen und einige Spitzen des chilenischen Weinguts vorstellen und natürlich auch zur (Gratis)degustation freigeben, darunter Don Maximiano, Sena, Kai, La Cumbre etc.
Ausserdem ist firmenweit eine 09er Opus One Verkostung Degu angekündigt. Dieser und 09er Creu Alta von Mas Alta, 2011er Monzinger Halenberg von Emrich Schönleber und der 2009er St. Paul von Friedrich Becker stehen auch kostenlos zur Verfügung.

Weitere Details zur Probe hier (klick)

Gute Aussichten also und ein Anlaß mal etwas in der Vergangenheit zu stöbern. Früher hieß der Laden im Dortmunder Indupark nämlich "Weinland Keiler". Dort wurden monatliche Themenproben veranstaltet, für mich damals eine wichtige Station wachsender Weinleidenschaft. Man konnte das Weintrinken an den exklusivsten Tropfen der Welt lernen... 
Allein das Ambiente hatte seine Reize. Da lagen in einem Hochregallager wie im Baumarkt ganz unprätentiös die dicken Grand Crus wie der Dornfelder bei Aldi. Bei den Proben gab es unten die Einsteigerqualitäten, edle und teure Flaschen wurden oben in einem für den Andrang viel zu kleinen Raum mit rustikaler Holzvertäfelung und umlaufender Eichensitzbank ausgeschenkt. Da herrschte oft dicke Luft.
Legendär an diesen Proben waren vor allem zwei Dinge. Zum einen brauchte man eine Probenkarte, die vorher zu kaufen war - eine Art Verzehrbon, auf der die Probengebühren pro verkostetem Wein abgestrichen wurden. Zum anderen gab es ein festes Ritual: Um 10 Minuten vor 20 Uhr hieß es wie in einem  englischen Pub "last Order" und man mußte sich beeilen, um vielleicht noch einen Schluck Yquem zu ergattern.

Ein Retrobild, sieben Jahre alt:
Da war Keiler schon Mövenpick,
es gab aber noch das alte Probenzimmer.
Hier mit Pierre Clavel und seinen Weinen...

Keiler wurde später von Mövenpick übernommen und ist heute mit 14 bundesweiten Filialen einer der Großen im deutschen Weinfachhandel. Das Stammhaus im Dortmunder Gewerbepark wurde erst in Details aufgehübscht und vor zwei Jahren schließlich komplett umgebaut. Keine Industrieregale mit Europaletten und Pappkartons mehr, stattdessen edle Holzkisten, Regale mit indirekter Beleuchtung, Designerlampen, zwei übergroße Plasma-Bildschirme, in der Mitte ein riesiges Podest (das sog. "Winehouse") mit Sitzbereich in Lounge-Optik obendrauf.
Auch die Proben wurden geändert, alle aktuell durch Mailing hervorgehobenen Weine sind schön präsentiert und können jederzeit direkt in Selbstbedienung probiert werden. Von der anfänglichen Praxis, auch teure Flaschen in Selbstbedienung auszuschenken nahm man nach einigen Erfahrungen Abstand. Ich erinnere mich an eine Probe (klick), bei der auch Weine wie der Chateauneuf von Beaucastel offen auf dem Tisch standen. Das artete natürlich in einer Art Weingelage aus...
Mit der Probe Große Weine der Welt am 16.11. möchte Bettina Hess, Geschäftsführerin in Dortmund, an alte Genußerlebnisse anknüpfen. Die Probenkarte kommt zurück, das line-up wird dem Titel der Veranstaltung gerecht wie in alten Tagen. 


Gratisprobe im Jahr 2009, noch zwischen Hochregalen,
wurde zu einem Weingelage...