31.05.2012

Aldi Parker aus Spanien


Herrliches Wetter, überall frischer Weißwein in den Gläsern. Oder kalter Rosé, so gehört sich das, so soll es sein. Nur der Weindeuter muß schimpfen, er ärgert sich über zwei Rotweine aus Spanien, zwei schwere Geschütze mit 15% Alkoholgehalt. Gut, vielleicht hätte man die lieber im Winter verkosten sollen, aber die standen nun mal jetzt im Aldiregal. Und nicht nur Cordula Eich greift da auf der Suche nach Superschoppenshoppern gerne zu. Auch der Weindeuter muß regelmäßig das testen, was das Volk trinkt. Aldi ist mit Abstand der größte Weinhändler in Deutschland. Und da gibt es ja neben dem Brot-und Butter Stammsortiment immer wieder die nur temporär erhältlichen Angebotsweine, gerne auch mit Parkerfähnchen (vorherige Verkostungen hier und hier).

  • Las Rocas Garnacha 2009  Bodega San Alejandro  Calatayud (15%/6,99€) 90 Parkerpunkte, erneut ein Grund zu spekulieren, wo er die her hat. Las Rocas ist eine Art Discountlabel der für ihre Balthasar Gracian Weine bekannten und gelobten Genossenschaft. Farblich tiefe Tinte, schon in der Nase aber unharmonisch. Der Wein wirkt wie ausgepresst, übertriebene Extraktion, dadurch konzentriert aber brandig-scharf. Nicht angenehm, bricht schon am zweiten Tag weg, wirkt bitter. Für 7€ gibts viel schöneres, z. Bsp. sowas hier (klick).





  • Masia Solana Reserva 2006 Bodegas Altanza Rioja (14% / 9,90€) Auch der zweite Kandidat ist ein Spanier. Da gibts ja enorme Überproduktion, die Bodegas sitzen auf riesigen Beständen. So offenbar auch die erst 1998 gegründetete Bodegas Altanza. Immerhin wirft sie die Reste ihrer 2006er Reserva mit Miró-Künstleretikett für unter 10€ über Aldi auf den Markt.
    Die gewaltige Flasche wiegt schwer. Dunkel, vanilleduftig, satte Frucht, international gemacht, austauschbar: Weiche Überwältigungsstilistik für Fruchtfreunde. Ist natürlich trinkbar. Aber auch hier schon am zweiten Verkostungstag unangenehm oxydative Noten, abgestandener Tee, ansonsten spritig. Insgesamt besser als der Rocas, trotzdem lohnt das Geld hier nicht. Bei Aldi lieber was aus der Basisklasse in weiß trinken, ein Tip dazu folgt...


14.05.2012

Rot-Grün: Kleiner Öko-Genosse aus Spanien



Eigentlich ein kleiner Wein, ein Genosse aus dem Navarra, den ich in den letzten Jahren gerne als Basisroten getrunken habe. Der wurde leider vom Mövenpick Weinkeller aus dem Programm gekickt, wie so viele andere aus der Kategorie gut + günstig.

"Pagos de Isarpe" 2006 Sociedad Cooperativa Agraria Orvalaiz / Navarra / Agricultura egologica (14% / 4,99€) Nach ein paar Jahren im Keller präsentiert sich der Isarpe immer noch in lebendigem Rot, nur leichte Reifetönung, zum Rand hin orangefarben aufgehellt. Schön kirschduftig, etwas nasse Erde, immer noch ein kleiner (Bio)stinker. Im Mund feine Fruchtsäure, kein Süßeverwöhner, appetitanregend, schönes Würzespiel, überhaupt nicht langweilig, zudem gute Länge. Ein kleiner Charakterspieler aus Cabernet und Tempranillo in bester Verfassung...

06.05.2012

Endlich: Wein im Ruhrpott

Bald Rebland: Phönixsee in Dortmund Hörde

Mein Vorschlag, auf den Bergehalden im Ruhrgebiet Wein anzubauen wurde von der Ruhrkohle AG leider bisher nicht aufgenommen. Auf der Halde Hoheward in Herten sollte sowas ja mal begonnen werden, in Zusammenarbeit mit Ingeborg Molitor von der Weinhandlung Molitor in Recklinghausen. Stattdessen setzt man auf die Halden Observatorien, begehbare Achterbahnen und Himmelstreppen (klick).

An anderer Stelle nutzt man jetzt aber doch eine Hinterlassenschaft der Montanindustrie für den Weinanbau. Nach umfangreichen Abriß- und Entgiftungsmaßnahmen wurde auf dem riesigen Gelände einer ehemaligen Eisen- und Stahlhütte in Dortmund Hörde nämlich ein richtig großer See angelegt. Seit kurzem fahren Boote darauf, ringsum werden Häuser mit Blick aufs Wasser gebaut. Produkt einer bizarr anmutenden Metamorphose, dieser Phoenixsee.

Um das ganze an Abgedrehtheit noch zu toppen, wurde dazwischen jetzt auch ein kleiner Weinberg angelegt, mit zunächst 92 Rebstöcken. Betrieben wird der von der Emschergenossenschaft. Die hat eigentlich nix mit Wein am Hut, sondern ist vor allem zuständig für die Wasserwirtschaft der immer noch das Ruhrgebiet von Ost nach West durchfließenden und offen kanalisierten Kloake namens Emscher. Wissenschaftlich wird das Projekt übrigens begleitet durch die (Weinbau)forschungsanstalt Geisenheim. Als Rebsorte für den Ruhrpottwein wurde (natürlich) die Phoenix ausgesucht, eine robuste Neuzüchtung aus Bacchus und Villard Blanc.

Unten ein Artikel aus den Ruhrnachrichten zum Thema (link hier, klick).
Hier ein link auf eine Fotostrecke (klick)


Diese alte Thomasbirne diente früher der Stahlproduktion.
Sie ist dekorativ am Phoenixsee aufgebaut, vielleicht erlebt auch
sie ja eine Transformation - als Gärgefäß für Wein aus Dortmund - Hörde 





Projekt der EmschergenossenschaftAm Phoenix-See wird Wein angebaut

DORTMUND Der Phoenix-See ist ab sofort Weinanbau-Gebiet: Die Emschergenossenschaft pflanzt dort die vor zehn Jahren gezüchtete Phoenix-Rebe auf einem kleine Berg am See an und folgt einer vor Jahrhunderten begründeten Tradition.Von Peter Bandermann
Bauingenieur und Projektleiter Helmut Herter stammt aus einer Winzerfamilie. Weil der Weinbau durch den Klimawandel zwangsläufig in Richtung Norden wandert, forscht die Emschergenossenschaft mit Experten der Forschungsanstalt in Geisenheim am Rhein. (Foto: Peter Bandermann)

Die im Herbst 2013 einsetzende Traubenernte symbolisiert nicht nur den ökologischen Umbau der renaturierten Emscher. Der Anbau dient auch Klimaforschern, die mit diesem Experiment auf 150 Quadratmetern in bester Lage die von Experten prognostizierte „Nordwanderung“ des Weinbaus in Deutschland untersuchen.

Erwähnung schon im Jahr 1342

Die Idee zum Weinbau am See hatte der Heimatforscher Willi Garth vor fünf Jahren. Den wissenschaftlichen Hintergrund, an dem nun die Forschungsanstalt in Geisenheim am Rhein arbeitet, gab es da noch nicht.

Historische Dokumente belegen, dass der Hörder Stadtgründer Konrad von der Mark im Jahr 1342 einer Antoniusbruderschaft einen „Winberg“ (Weinberg) auf dem „Renneberghe“ (heute Am Remberg) geschenkt hatte. 1429 wird der Rebhang als „Wingarden“ erwähnt. 138 Jahre später ist von einem adeligen „Graven Wyngard“ die Rede.

Der Standort ist ideal

Nun kommt ein Bauingenieur der Emschergenossenschaft zu Wort. Der Projektleiter Helmut Herter stammt aus einer Winzerfamilie in Rheinland-Pfalz und kennt den Weinanbau von der Pike auf. „


Fotostrecke Klimaforscher nutzen Weinbau am Phoenix-See

Dieser kleine Weinberg verfügt nicht über die kalkhaltigen Böden wie im Rheingau und wird nicht so intensiv von der Sonne verwöhnt wie die Berge an der Mosel, aber für die robuste Phoenix-Rebe ist dieser Standort ideal“, so der Bauingenieur, der bislang den Umbau der Emscher von einer „Mit dem Wasser der sauberen Emscher bewässert Herter nun die 92 Pflanzen, die in den nächsten zwölf Monaten gut 100 Zentimeter wachsen.

Der Phoenix-See arbeitet dabei als „Lichtspiegel“. Größte Feinde des Weinanbaus sind Hasen und Spaziergänger. Gegen die Hasen stülpen die Emscherwinzer dünne Plastikrohre über die jungen Pflanzen, und die Spaziergänger sollen Vernunft walten lassen.

Denn der Anbau hat einen sehr ernsten Hintergrund: Wie einst der Bergbau im Ruhrgebiet schreitet der Weinanbau in den nächsten 50 bis 100 Jahren mit der Erderwärmung in Richtung Norden voran.


01.05.2012

Zum Tag der Arbeit...

...mal ein älterer Post, in seiner klassenkämpferischen Schärfe immer noch aktuell:


 


1. Mai ! Aufruf zum Genuß ! Starke Aromen ! 
Klare Kante aus Küche und Keller !


Die vier Weine zum 1. Mai wurden kulinarisch solide eingebettet. Zum Salat und zur Waldorfsalsa gab es den Rosé der Domaine Aires Hautes aus dem Minervois. Viel Frucht, erdbeerig, kraftvolle Erfrischung pur. Zu den "kleinen Gefüllten" dann nochmal Rosé: Charles Mock "Edition Sansibar", aus La Clape im Languedoc (nähe Narbonne am Mittelmeer). Etwas heller, leichter - ein Wein, der am Tisch nur so verdunstet. Dann zum Lamm mit gebratenem Spargel und Bärlauchpesto (dazu noch Minikartoffeln in der Schale und grob geraspelter Parmesan) die beiden Roten:
  • Domaine de la Tour du Bon 2005 (ca. 19€). Ein Bandol, DER klassische Rotweincru aus der Provence: Weinberge voller Mourvedre mit Blick auf das Meer und eine Handvoll Weingüter, die damit umzugehen wissen. Dieser war absolut Top. Genau im Gleichgewicht zwischen satter Cassisfrucht und Würze, zwischen Kraft und Finesse, ein delikater Schluck. Hätte auch noch sehr gut liegen können.
  • Fundi 2007 von Anwilka Stellenbosch (Cabernet Sauvignon mit etwas Syrah und Merlot). Der Wein aus dem Ausbildungsprojekt "2000 Sommeliers für Südafrika". Schon die Alkoholangabe mit 15% weckte Erwartungen, sie wurden erfüllt. Der Wein hat Muckis, ein Vollschmecker, der sich in keiner Lage schüchtern zurückhält. Sehr warm schon in der Nase, viel Schoko mit süßer dunkler Frucht. Sehr geschmeidig, die Gerbstoffe streicheln den Gaumen, zum Ende hin dann auch viel Würze, tolle Länge. Der Wein schmeckt einfach, dicker Stoff für einen absolute reellen Tarif (15€).