26.05.2013

6 Rote: Sud de France reloaded...

Beim Wein ist es wie auch sonst im Leben: Konstanten sind wichtig, die geben Halt und Sicherheit. Alles Recht dem Experiment, der neuen Erfahrung, dem Risiko. Aber auch beim Wein läuft man immer wieder gerne in den Heimathafen ein, macht am wohlvertrauten Ankerplatz fest und genießt vertrautes.

Beim Weindeuter sind dies die Weine aus dem Süden Frankreichs, aus dem weiten Bogen des Midi von den Seealpen bis zu den Pyrenäen, von der Provence über die südliche Rhone, das Languedoc bis in das Roussillon.
Und so wurden in letzter Zeit mal wieder eine Reihe von Flaschen geöffnet. Alle nicht aus dem Spitzensegment, sondern preislich unter 15€. Zweierlei vorweg: Die verkosteten Südfranzosen halten Kurs in Sachen charakterstarker, nicht weichgespülter Sensorik und bieten nach wie vor ein sehr gutes Preis-Genuß-Verhältnis.


"Secret de Famille" 2010 Cotes du Rhone Paul Jaboulet Ainé (10€ / 14%) Ein CdR aus bekanntem Handelshaus, er gibt schon mal die Richtung vor. Neigt allerdings nicht zum Extrem, bleibt brav im Glas. Schöne dunkle Fruchtnase, im Mund füllt er gut, bleibt aber vornehm, gezügelte Kraft für Einsteiger.


Hier platzt es aus der Flasche, ein Wein im Blockbuster-Stil. Viel Saft- und Kraft, konzentrierte Potenz. Ungezügelte dunkle Frucht, satter Alkohol, hält sich nicht zurück, macht in extrovertierter Manier laute Ansage. Ein Muckimann, ein Landbursche, ganz in der Frucht stehend...

"Les Grenache de Sixte" Vielles Vigne Cote du Rhone 2011 Domaine Giraud (11,50€ / 15%) Bekannt für seine Chateauneuf du Papes, dieser CdR erscheint im ersten Jahrgang. Ein Wein aus 60 Jahre alten Rebstöcken bei Lirac. Und ein etwas anderes Kaliber als der Roche. Auch hier ein Vollschmecker, aber mehr differenzierte Finesse. Herrliche Duftmelange aus Veilchenpastillen, Süßholz und Himbeerdrops. Hochkonzentriert, aber kein Sattmacher. Suchtstoff für Freunde der Südrhone, die es höher hinaus zieht, das hier läuft schon in Richtung eines guten Gigondas, TOP...

Copa Santa 2011 Domaine Clavel  (14€ / 14,5% / Syrah 83% Grenache 17%) Ein Klassiker, Pierre Clavels Flagschiff wurde hier schon oft verkostet. Der Copa kommt in neuer Aufmachung. Und präsentiert sich in diesem Konzert überraschend. Kein satter Schmelzbolzen. Hohe Konzentration, weniger auf der fruchtsüßen, von der Grenache geprägten Seite, sondern ein herb-männlicher Syrahsaft. Müßte man mal gegen einen der besseren und nicht vanilleholzverhunzten Australiensern probieren.

Domaine Aires Hautes Tradition 2011 Minervois 7(€ / 14%) Direkt zur Wertung: Der Basiswein der Domaines in dem verschlafenen Dörfchen Siran im Minervois ist super. Für das Geld absolut seriöser Roter, alles drin für Fans der Gegend und des klassischen Südstils: Dichte dunkle Frucht, Reifesüße, Lakritzwürze. TOP...
"Cuvée Nicolas" Vielles Vignes 2010 Domaine Lafage (10€ / 14,5%) Überraschend kühl kommt er daher, der Nicolas. Sind es die alten Grenache-Reben aus Höhenlage vom Fuße der Pyrenäen? Konzentrierte Kirsche, ohne Fett, seidige Frucht mit Substanz, sehr erfreuliche Entdeckung.














Bezugsquelle für alle Weine (bis auf Jaboulet): WEINZECHE ESSEN


06.05.2013

Weinromantik: Weinfrühling an der Ahr


Nicht immer nur verkosten, prüfen, bewerten, kritikastern - das ganze selbstreferentielle Gedöns um den Wein macht zwar Spaß, ist aber natürlich nicht alles. Genuß ist auch und vor allem Gefühl, Wein ist auch Romantik. Und deshalb gibt es jetzt die volle Packung Glückshormone: Eine Wanderung durch die Weinberge, mit dem Glas in der Hand...
Immer im April gestalten die Dernauer Winzer ihren Weinfrühling. Sicher, solche PR-Aktionen gibt es viele im deutschen Weinuniversum. Aber in dem kleinen Winzerdorf an der Ahr wird das mit viel Herz und Liebe zum Detail umgesetzt.
Landschaftlich ist die Ahr ja keineswegs langweilig, im Gegenteil. Ich würde die These wagen: Die Ahr ist eines der schönsten deutschen Weingebiete. Auch weil es so klein ist und alles sehr kompakt beieinander liegt. Kurz hinter Walporzheim wird das Tal eng, alle Zutaten einer klassischen romantischen Landschaft sind vorhanden: Spektakuläre Felsen, Burgruinen, schroffer Schiefer auf denen die Reben sitzen.



Nur ein kurzer Exkurs zum Weinbau an der Ahr. Aufgrund ihrer absoluten Nordlage jenseits des 50. Breitengrades als Rotweingebiet (fast 90% rote Sorten, davon über 60% Spätburgunder) ist sie ein Kuriosum, möglich nur durch die mikroklimatisch günstigen Bedingungen mit den warmen, nach Süden ausgerichteteten Schieferlagen am Rande der warmen rheinischen Tiefebene. Infos über Geologie, Rebsorten und Weingüter an der Ahr sind hier auf Ahr und Wein zu finden.
Knapp über 40 Winzer sind tätig, alle anderen Traubenerzeuger liefern an die 4 Genossenschaften ab. Als die Topwinzer gelten die sechs VDP Betriebe Meyer-Näckel, Adeneuer, Nelles, Stodden, Deutzerhof und Kreuzberg, klicken, da geht es auch zu den jeweiligen Websites. Die Stile sind durchaus unterschiedlich, es herrscht ein Wettbewerb, sodaß es sich lohnt, die Weine mal quer zu probieren. 



Doch zurück zum Weinfrühling in Dernau. In diesem Jahr war es kalt und zu Beginn am Samstag noch etwas feucht. Nebelschwaden stiegen auf, tauchten das Tal in zartblauen Dunst....
Der Talkessel hat was von einem Amphiteather, die Reben stehen in Reih und Glied wie Zuschauer, großartige Kulisse. An den schönsten Aussichtspunken in den Weinbergen sind Zelte, Tische und Stühle aufgebaut. Die örtlichen Winzer öffnen ihre Flaschen, bieten leckere Gericht an, durchweg zu zivilen Preisen. Natürlich gehört auch reichlich deutsche Wanderfolklore dazu, Rentner in Mephistoschuhen waren aber keineswegs in der Überzahl. Sondern auch jede Menge Jungvolk tummelt sich. Wobei hier natürlich nicht sportliche Höchstleistung gefragt ist, sondern kulinarisches Durchhaltevermögen und Weindurst.



Das Weingut Erwin Riske stellte wieder einen rustikalen Ahrtaler Tapasteller zusammen, mit Schinken, Mettwurst, Sülze. Bei Kreuzberg gab es Schmalzbrote und im mobilen Pizzaofen frischgebackene Winzerfladen, die Gutsschenke Meyer-Näkel servierte Wildschweinwürste vom Grill.



Auch bei den Weinen gab es nicht nur den einfachen Winzerschoppen. Auch vom Besseren wurde in die aufnahmebereiten Gläser eingefüllt, wie hier beim Weingut Kreuzberg.



Ludwig Kreuzberg schenkt ein, mit Assistentin...



Herausgehoben sei hier nur der samtig-reichhaltige Spätburgunder zu Ehren der aktuellen Deutschen Weinkönigin Julia Bertram. Die kommt nämlich just und direkt aus Dernau vom Weingut Ernst Sebastian. Dort ist man natürlich stolz auf die Tochter und dekorierte die Flasche und den Weinstand mit einem schönen Porträt. (Wein)romantischer geht es ja wohl kaum...




Eine vinologische Entdeckung gab es auch noch: HJK. Das sind Hermann-Josef (Jüpp) Kreuzberg, Bruder von Ludwig Kreuzberg vom gleichnamigen VDP Weingut. seine Söhne David Kreuzberg (Kellermeister), Michel Kreuzberg (Marketing) sowie Joern Heiner (Organisation). Hier geht man mit Liebe zum Detail, das Ganze hat Drive. Der Stand war auf jeden Fall gerade von Einheimischen schwer umlagert. Später dazu mehr, wenn wieder verkostet und nicht mehr romantisiert wird... 








Abschluß im Kloster Marienthal, der Abt im Glas