26.10.2012

Große Rumänienprobe


Wein ist in Rumänien Alltagsgetränk, er wird in großen Mengen hergestellt und auch konsumiert. Von der Rebfläche her ist es Europas Weinland Nummer fünf, hinter Spanien, Frankreich, Italien und Portugal. Die Anbaufläche liegt immerhin bei 239.000 Hektar. 90% davon trinken die Rumänen selber aus.
Doch wie sieht es mit dem Export aus? Nach dem Zusammenbruch der staatssozialistschen Länder gab es manche Versuche, Balkanweine in westeuropäische Weinkehlen zu leiten. Der Erfolg blieb begrenzt, Ostweine fristen bei uns nach wie vor ein absolutes Nischendasein. Ausnahmen wie der Enira aus Bulgarien oder das ein oder andere aus Ungarn bestätigen diese Regel. Vielleicht kommt demnächst mehr von der Adria aus Kroatien. Das entwickelt sich ja stark touristisch, und Urlaubsweine werden auch zuhause gerne getrunken.
Aber zurück zu Rumänien. Hier schon länger bekannte (Wein)namen sind die Schwarze Mädchentraube, schon in meiner Jugend als Sekt ein beliebter Partyknaller. Der war süß und den mochten auch die Mädchen. Auch Cotnari und Murfatlar kennt man schon länger, vor allem mit der Assoziation "klebrig süß". Eine Probe rumänischer Weine, veranstaltet im Restaurant Transilvania im Norden von Gelsenkirchen, bot Gelegenheit, alte Vorurteile zu revidieren und eine aktuelle Bestandsaufnahme vorzunehmen.

Zunächst zu den verkosteten Weinen, danach folgt unten noch das große Menü in Wort und Bild...


1) "The Legend of Transylvania" /Recas 13,5% Laut Etikett sind hier "The Grapes of Immortality" drin. Nun, zum Einstieg also gleich einer, der auf den Draculamythos anspielt. Der Rosé hat Wumms, etwas Himbeere in der Nase, im Mund ziemlich fett, wenig Säure, dafür reichlich Restsüße. Kalt getrunken mag der manchem schmecken...
2) Premiat Dry Riesling "A Monsieur Henri Selection" 2012 Jidvei (12%/4,50€) Schmale Nase, im Mund dominiert vergorener Apfel, Säure, kein Matchwinner.
3) Tezaur Sauvignon blanc und Feteasca Regala 2010 Jidvei (12%/7€) Auch hier verhaltene Nase, nur leichtes Sauvignon-Parfüm, im Mund leicht, etwas Zitrus. Kann man trinken, ist aber langweilig.



4) "Reserva dulce" Feteasca Alba / Jidvei 2002 (12%) Die erste Überraschung, ein 10 Jahre alter Rumäne aus der authochtonen Weißen Mädchentraube. Sattes goldgelb im Glas, oxydative Noten in der Nase, viel Honig, Orangeat, Rosenwasser. Im Mund cremig, dabei nicht zu fett, transportiert auch noch etwas Säure mit, lecker das süße Goldtröpfchen.
5) "Sole Barrique" Feteasca Regala 2010 / Recas (13%/7€) Moderne Aufmachung hier, reiche schöne Frucht, reife Aprikose, im Mund angenehm, läuft geschmeidig, könnte auch ein gut gemachter Weißburgunder aus dem Badischen sein. „Cramele Recas” ist übrigens ein großes Weinbauunternehmen mit über 500ha Anbaufläche, ausgestattet mit aktueller Technik, der Chefönologe kommt aus Australien.
6) "Mustoasa Limited Release" 2008 / Recas (12,5%) Reife Fruchtnase, Quitte, Toastnoten, im Mund Honigsüße, reife Birne, hat Länge, origineller Wein.



7) "Grasa de Cotnari" / Vinia Cotnari 2008 (11%/3,50€) Wieder ein süßes Früchtchen, im Ganzen aber verhalten, recht dünn, "leichter Frauenschluck".
8) "Castel Huniade" Merlot/Pinot Noir 2011 / Recas (13,5%/3,60€) Der erste Rote, internationale Reben, international gefällig gemacht, ganz in Richtung weich und süffig. Duftiges Schoko-Toffee im Glas, weich, recht süß, warm im Mund. Für den Preis völlig in Ordnung...
9) "La Putere" Feteasca Neagra 2011 / Recas (14,5%/6,99€) Fette Bombe, bereitet aus der Schwarzen Mädchentraube. Der Wein ist ein Nase - und Mundfüller. Der Karpathische Braunbär auf dem Etikett passt, völlig kompatibel für Freunde kräftiger, fruchtsüßer und gerbstoffarmer Wuchtbrummen.



10)  Feteasca Neagra 2009 / Domeniile Tohani (11,5%/4€) Nach dem eingängigen Bären hier ein sehr eigenes Gewächs. Gleiche Rebsorte, aber völlig anderer Wein, fremde Nase nach eingekochten Kräutern, leichter Muff, im Mund dann besser, fein, etwas schwarze Johannisbeere. Rumänische Eigenart gefunden oder Weinfehler, ich entscheide mich für ersteres...
11) "Sole" Cabernet Sauvignon 2009 / Recas Vertrauter Duft, feine Cabernetnase nach kleinen schwarzen Beeren, sauber, im Mund frisch, saftig. Keine Süßbombe wie viele vorher. Bordeaux-style, sehr gut.
12) "Syrah Limited Release" 2009 / Recas (13%/7€) Auch hier eine reguläre Sache, der Wein ist gut gemacht, süß-würzige Nase, im Mund pfeffriger Schmackes, zurückhaltend in den Gerbstoffen, warmer Schluck.



13) Der Höhepunkt dann ein rumänischer Klassiker: "Lacrima lui Ovidiu" /Murfatlar (15%/9€) Der römische Dichter, von Kaiser Augustus nach Rumänien verbannt, schrieb vor 2000 Jahren: "Rings ein Volk von Wilden, meines Gesanges nicht wert." Ovid ist auch dort gestorben, sein Grab in Constanza am Schwarzen Meer ziert eine große Statue, Ovidiu ist bis heute ein beliebter Männername, und ein populärer aufgespritteter Wein ist eben die "Tränen des Ovid". Nun, dieser "vin special licoros" war ein angenehmer Dessertwein wie man ihn erwartet. Süße, reife Dörrobstnase, Honig, cremig und voll im Mund. Steht in einer Reihe mit einem guten Muscat de Beaumes de Venise z.Bsp.

Die Weine mußten zum Glück nicht auf nüchternen Magen verkostet werden, zur Probe gab es auch einen interessanten Einblick in die kulinarische Welt Rumäniens. Und zu den im besten Sinne bäuerlich geprägten, fleischlastigen und deftigen Speisen entwickelten auch die zum großen Teil docht recht süßbetonten Weine durchaus noch einmal neue Qualitäten.


Die Vorspeisen, darunter frittierte Grieben, Schinken von Schwein, Hirsch und Lamm
Die Suppen: Kutteln, Huhn, Rind, Bohnen und Lamm 
Hauptgerichte: Wurst-Bohneneintopf, Hackröllchen, Krautwickel, Geschnetzeltes mit Polenta, Ei und Käse, gefülltes Schweinefilet im Netz, gefüllte Ente ohne Knochen 

Kunstvoll gemacht, die Ente...
Desserts: Cremeschnitte, gefüllte süße Ravioli, Palatschinken, Krapfen mit Creme und süßer Beerensoße




Rumäniens Weinbauzonen ziehen sich vom Schwarzen Meer über das Hügelland der Vorkarpaten bis zum siebenbürgischen Hochland. Zentral liegt eine Zone innerhalb der Karpaten auf dem Hochland von Transsilvanien, die beiden anderen außerhalb um die Karpaten herum. Im Osten findet man Weinbau daher in der Region Moldau, im Süden in den Regionen Muntenien und Oltenien sowie im Westen in Banat und Crisana. 



  • Dirk Würtz will sich in Rumänien weinmäßig engagieren, hieß es zumindest mal in einem Bericht auf SPON (klick)
  • Bezugsquelle für rumänische Weine hier bei Lautarul aus Rastatt (klick). Es gibt da noch einiges mehr, z. Bsp. die Flagschiffweine von Halewood und Vinarte für bis zu 30€ pro Flasche.
  • Rumänische Weine mit deftig-reichhaltigem Essen verkosten macht hier großen Spaß: Restaurant Transilvania in Gelsenkirchen (klick)


17.10.2012

Rhone Süd - Genuß


Der Weindeuter ist gerade im Süden unterwegs, genauer: An der südlichen Rhone. Heimat und Herkunft sonnenverwöhnter Weine voll reifer Fülle und fruchtigem Schmelz. Die bekannten Weingemeinden Rasteau, Cairanne, Sablet, Seguret, Gigondas und Vacqueyras liegen alle nur ein paar Autominuten voneinander entfernt - ein Paradies. Auch zum Ventoux mit seinen Weinen sind es nur 20 Minuten. Im Oktober läßt sich das Weinhopping gut machen. Es ist nicht mehr so heiß, die Verkostung der alkoholstarken Gewächse geht nicht sofort ins Blut. Später mehr, hier Bilder aus Gigondas...




    

09.10.2012

Herbstweine: Schwere Jungs aus dem Süden



Die Blätter färben sich, Herbstwinde wehen - Zeit für Rote, die Wärme geben. Und da komme ich immer wieder auf den Süden Frankreichs. Die südliche Rhone und das Languedoc halten ein Füllhorn von Weinen für diejenigen bereit, die vor fruchtiger Fülle und reichhaltiger Kraft nicht zurückweichen. In der Weinszene ist dies scheinbar nicht mehr so sehr en vogue, vor lauter Begeisterung für deutsche Spätburgunder und Weine, die "pinotieren". Der Weindeuter hält aber diesbezüglich die Stellung und wahrt seine Treue zu den Gewächsen des Midi. Verkostet wurden in den letzten Tagen ein paar Kellerflaschen, dreimal Rhone, zweimal Languedoc. Darunter auch welche aus dem für diese Region als sehr gut bewerteten Jahrgang ´07.

"Terre de Bussiere" 2007 Domaine de la Janasse VdP (55% Merlot, 25% Syrah, 10% Grenache und 10% Cabernet. 12 Monate ausgebaut in Holzfässern, davon 30% neue Fässer 10€) Der Einsteigerwein der für ihre großartigen Chateauneufs bekannten Domaine hat schon vieles, was die Rhonearomatik ausmacht. Sattes Schwarzrot, undurchdringlich, in der Nase dominiert der Kräuterstrauß, eingekochte Frucht, Lakritz, viel Saft im Mund. "Süffig" durch den hohen Merlotanteil, trotzdem kein Wein für die Mädchenparty. Kein Zeichen von Müdigkeit, hätte noch liegen können.

Domaine Roche 2009 Cairanne Cotes du Rhone Village (15% / 9.90€ / 70% Grenache + 30% Syrah) Ein neuer Name an der südlichen Rhone, Romain Roches vinifiziert erst seit kurzem von elterlichen Weinbergen in Cairanne. Nach weltweiten Wanderjahren ist 2009 sein erster "eigener" Weinjahrgang. Um es vorwegzunehmen: Der Wein ist sehr gut, angesichts des Preises sogar sensationell gelungen. Blind in eine Probe mit Crus aus Chateauneuf oder Gigondas gestellt, müßte er bestimmt nicht sofort den Schwanz einziehen, sondern könnte lange mithalten. Schon in der Nase sehr konzentriert, die für die Region so typische anmachende Mischung aus tiefer warmer, dunkler Frucht. Im Mund dann Expansion: Schlehenfeuer, lodernder liköriger Saft, der hohe Alkohol schlägt durch.

Le Marteau 2007 (11€, Syrah/Grenache/Carignan) Pierre Clavel aus dem Languedoc nördlich von Montpellier hat es drauf. Sein Marketing ist perfekt, er kommt als Bursche vom Lande rüber, Typ netter, bodenständiger, rustikaler, sonnengegerbter Südfranzose. Der Marteau (= Hammer) steht noch immer voll in der Frucht. Undurchsichtig-dunkel im Glas, kleiner violetter Rand, herrliche Brombeernase, rauchig, im Mund ein Vollschmecker mit viel Reifesüße, nur 8952 Flaschen !

Lirac 2007 Domaine La Loyane (14,5% / 11,50) Warme, intensive, lakritz-würziger Wein mit warmer und reifer Frucht, satter breiter Schluck, man schmeckt den Top-Jahrgang 2007. Dies war so eine Flasche, aus der der Wein einfach verdunstet, Südrhone at its best. Möglicherweise der Beste der Runde, aber wer will sich hier schon festlegen...

Carline 2010 Château de Cazeneuve Saint Loup (14% / 12€ Syrah/Grenache/Carignang) Der jüngste und in der Aromatik "kühlste" in diesem Quintett, geprägt von Syrah, gewachsen auf den heißen Schieferböden am Pic Saint Loup nördlich von Montpellier. Auch hier hohe, fruchtgeschwängerte Konzentration, hinzu kommen aber auch lebendige Frische und präsente Gerbstoffe. 




Zum Roche aus Cairanne gab es übrigens was fleischiges vom Grill, dazu eine Fertigsauce, die uneingeschränkt zu empfehlen ist: Stonewall Kitchen Grillsauce Roasted Garlic Peanut, also gerösteter Knoblauch mit Erdnuss. Nussig, cremig, süffig, ohne jede Bitterkeit und Kunstaroma. Die Stonewall Saucen kommen aus Maine, USA und sind in der Gourmetladenszene in Deutschland gut vertreten. Leider teuer, das 200ml Fläschchen kostet 10€.